Die Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft Sabine Jungwirth kommentiert die österreichische Wirtschaftspolitik in ihrer Kolumne.

06.12.2022

Heute:

Wie mich die Klimakonferenz der WKÖ schockiert hat

Zwar war ich auf allerhand gefasst, als ich am Montag vergangener Woche mit dem Bus nach Wien gefahren bin, um an der 1. Klimakonferenz in der Wirtschaftskammer teilzunehmen. Aber im Nachhinein muss ich gestehen: Ich stehe immer noch unter Schock.

Einen ganzen Tag lang haben sich am Podium (fast nur) Männer gegenseitig darin bestärkt, dass die Vorgaben im Bereich Klimaschutz in Österreich „Überregulierungen vom Feinsten“ seien, ein „Zielfetischismus“, mit dem wir auf eine „Planwirtschaft“ zusteuerten und dergleichen mehr. Eine solche Anzahl von Menschen auf einem Haufen, die anscheinend noch immer nicht begriffen haben, dass beim Klimaschutz der Hut brennt, hat Seltenheitswert.

Man könnte sich amüsieren darüber, dass die WKÖ eine Veranstaltung mit derart viel geballter, von Konzern-Lobbys unterwanderter Ignoranz organisiert und zur allgemeinen Belustigung auch noch „Klimakonferenz“ nennt. Und man könnte die eigenen Hoffnungen in die wenigen anderslautenden Beiträge setzen, wie den von BM Leonore Gewessler zum Auftakt oder die von Lukas Hammer (Grüne) und Franz Maier (Umweltdachverband), die im Abschlusspanel einiges geraderücken konnten. Man könnte – wenn es nicht schon längst höchste Eisenbahn wäre, etwas zu ändern.

Glaubt man in der WKÖ wirklich, die auf dieser „Klimakonferenz“ vorgebrachten fortschrittsfeindlichen Positionen seien ein Abbild der Wirtschaftstreibenden in unserem Land?

Wenn ich mit anderen Unternehmer:innen ins Gespräch komme, erlebe ich das komplette Gegenteil. Ja, viele thematisieren die Probleme mit den gestiegenen Energiekosten, die für manche inzwischen existenzbedrohend sind. Genauso die Kollektivvertragsabschlüsse, die Geschäftsraummieten, Versicherungen und alle anderen Fixkosten, die mit den Indexanpassungen steigen.

Doch trotz all dieser Schwierigkeiten stehen die Unternehmer:innen zu den Klimazielen. Ich spreche mit sehr vielen von ihnen und treffe nur ganz selten jemanden, der – wie es die vom ÖVP-Wirtschaftsbund dominierte Wirtschaftskammer regelmäßig fordert – die CO2-Bepreisung aussetzen, die Mineralölsteuer und die Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel senken und Umweltverträglichkeitsprüfungen abschaffen will.

Die Unternehmen haben erkannt, dass sie investieren müssen, um der verhängnisvollen Abhängigkeit von Öl und Gas zu entfliehen. Sie steigern die Effizienz, wo immer es geht und suchen nach Energiesparmöglichkeiten. Sie wollen im Einklang mit Umwelt und Natur wirtschaften.

Ein zeitgemäße WKÖ würde diese Potentiale erkennen und aufgreifen: Sie würde klar aufzeigen, wohin die Reise geht; sie würde Förderungen vorantreiben, um die notwendigen Investitionen zu erleichtern; und sie würde Schulungen und Unterstützungen anbieten. Denn das ist es, was die Unternehmer:innen brauchen.

Wir kämpfen weiterhin dafür, dass die WKÖ-Spitze endlich ihren Glaspalast verlässt und die Unternehmen unterstützt, die sich mit mutigen Entscheidungen und innovativen Ideen auf den Weg in die Zukunft gemacht haben.

Da bleiben wir standhaft – auch wenn wir noch manchen Schock verdauen müssen.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

27.04.2022

Heute:

Wirtschaftsbund-Inseratenaffäre: Der rollende Stein

Immer wieder hat die Grüne Wirtschaft die Querverbindungen bei den Geldflüssen zwischen ÖVP-Wirtschaftsbund und ÖVP bzw. der Querfinanzierung der ÖVP durch – unter anderem – Wirtschaftskammergelder thematisiert. Trotz vielfach medial öffentlich gewordener Kritik in den vergangenen Monaten und Jahren wurden unverfroren mit den Pflichtmitgliedsbeiträgen der Unternehmer:innen Inserate und andere PR-Maßnahmen finanziert. Ein Unrechtsbewusstsein gibt es immer noch nur bei wenigen Teilen des Wirtschaftsbundes.

Die Selbstanzeige des ÖVP-Wirtschaftsbundes in Vorarlberg bezüglich nicht korrekt versteuerter Inserate in ihrem Mitgliedermagazin hat nun einen Stein ins Rollen gebracht, der nicht mehr aufzuhalten ist. Gut so!

Denn die gesamte Causa zeigt ein erschütterndes Sittenbild und Selbstverständnis des ÖVP-Wirtschaftsbundes, à la »Uns gehört die Welt!«. Die Ironie dabei: Genau jene, die bisher behauptet haben DIE Kompetenz in Sachen Wirtschaft im Land zu sein, führen keine ordentliche Buchhaltung und haben zudem in großem Stil Steuern hinterzogen. Immer mehr Details werden öffentlich: So wurden für die gebuchten Inserate weder die Mehrwertsteuer abgeführt noch die Abgabe für Zuwendungen an die Partei – möglicherweise auch, um die enormen Geldflüsse zu verschleiern.

Die Zahlen in Vorarlberg schwanken, kolportiert werden aber offene Steuernachzahlungen in Höhe von mehr als einer Million Euro. Berechnungen des Finanzamts zeigen zudem, dass die Landes-ÖVP seit 2015 mit mehr als 1,2 Millionen Euro querfinanziert worden sei.

Auch in anderen Bundesländern dürfte einiges im Argen sein. Eines, das sich dabei besonders hervortut, ist Kärnten: Im M.U.T.-Magazin des ÖVP-Wirtschaftsbundes finden sich in jeder Ausgabe Inserate von WKO, WIFI, etc. – auch der ÖVP-Landtagsklub hat inseriert. Es gibt eine Vielzahl an Artikeln, deren Autor:innen bei der Wirtschaftskammer Kärnten oder der Wirtschaftskammer Tirol beschäftigt sind. Sieht denn niemand beim Kärntner Wirtschaftsbund Unvereinbarkeiten zwischen Kammertätigkeit und der Zuarbeit zu einer politischen Fraktion? Oder dass es sich hier um eine versteckte Personalsubvention handeln könnte?

Die Selbstherrlichkeit, mit der über die Wirtschaftskammergelder verfügt wird, liefert ein desaströses Bild, wie mit den Pflichtmitgliedsbeiträgen umgegangen wird. Die WKO soll sich statt der Finanzierung sinnloser Inserate auf ihre Kernaufgaben besinnen, nämlich die Interessen österreichischer Unternehmer:innen zu vertreten und Serviceangebote und Brancheninformationen zur Verfügung zu stellen. Und sie sollte schon gar nicht in den Publikationen der Fraktionen inserieren, die ohnehin Wählergruppenförderung erhalten. Das muss verboten werden!

Der Stein rollt jedenfalls weiter – und wir werden uns dafür einsetzen, dass die Spur der Verwüstung, die er hinterlässt, eine Spur der Veränderung nach sich zieht.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

23.03.2022

Heute:

Entlastung oder Klimaschutz? Entlastung UND Klimaschutz!

Der Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf die Ukraine hat unendliches menschliches Leid zur Folge. Gleichzeitig verdeutlichen die Auswirkungen auf die Energieversorgung, in welche Abhängigkeit uns die Putinanbiederer vom Wirtschaftsbund und ehemaligen Bundesregierungen gebracht haben. Die Misere dürfen nun auch EPU und KMU ausbaden, denn der dramatische Anstieg der Energiepreise ist in der Wirtschaft breit angekommen.

Selbst bei sorgsamem Umgang mit Energie ist inzwischen für viele ein Punkt erreicht, an dem sich die Kosten nicht mehr in den bestehenden Kalkulationen unterbringen lassen. Die Weitergabe an die Kund:innen gestaltet sich aber ebenfalls als schwierig, denn diese haben mit Teuerungen in allen Bereichen zu kämpfen. Was also tun?

Im Gegensatz zu den Spitzenvertretern der Wirtschaftskammer, die immer noch als Lobbyisten der fossilen Industrie auftreten und die Rücknahme der Ökologisierung im Steuersystem fordern, bin ich zutiefst davon überzeugt, dass es der falsche Weg wäre, die wichtigste Reform im Steuersystem, nämlich die Einführung der CO2-Bepreisung, zurückzustellen. Wer weiß, wie lange die Energiekrise dauert? Wer weiß, wer gerade in der Regierung am Ruder ist, wenn das Pendel wieder in eine andere Richtung schlägt? Es muss andere Wege geben, um einen Ausgleich für die Überbrückung dieser schwierigen Phase zu finden. Übrigens sehen das auch die Expert:innen aus der Wirtschaftsforschung so.

Viel ist ja auch schon beschlossen worden: Mit dem Klimabonus, dem Energiekostenzuschuss, dem Teuerungsausgleich und dem Aussetzen der Ökostrompauschale wurde im privaten Bereich für Entlastung gesorgt. Damit ist vielfach auch EPU geholfen, wenn sie zu Hause arbeiten. Zusätzlich wurden auch im betrieblichen Kontext Maßnahmen getroffen (Carbon-Leakage-Regelung, Energieabgabenvergütung, CO2-Grenzausgleich wird vorbereitet, Senkung der Energieabgaben und vieles mehr) und vor allem wurden auch Förderungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energie und den Umstieg auf ÖV und alternative Antriebe aufgestockt.

Gerade im Gewerbe und Handwerk wird sich die Rückvergütung für Treibstoffe als große Hilfe erweisen. Viele sind in diesen Branchen auf Kleintransporter angewiesen. Der Umstieg auf E-Fahrzeuge gestaltet sich leider schleppend. Deshalb wurde hier ein guter Kompromiss gefunden, der die Situation entschärft.

Wichtig bei allen Maßnahmen ist, und das habe ich auch letzte Woche in Pro und Contra auf PULS 4 betont, dass dort angesetzt wird, wo Menschen mit ihrem Einkommen kein Auskommen mehr finden. Als Unternehmer:innen engagieren wir uns nicht nur für unser betriebliches Umfeld, sondern auch immer für gesamtgesellschaftliche Lösungen. Dabei gilt es auf Fairness und Gerechtigkeit zu schauen. Aber auch die Ökologisierung der Wirtschaft und des Energiesystems und der Klimaschutz dürfen nicht geopfert werden. Hier müssen wir weiter wachsam sein und der Kurzsichtigkeit der Spitzenvertreter:innen in der Wirtschaftskammer entschieden entgegentreten.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

21.01.2022

Heute:

2022: Kreislaufwirtschaft statt Freunderlwirtschaft

Das Motto des Jahres! Denn die Herausforderungen sind mit dem Jahreswechsel nicht kleiner geworden – im Gegenteil. Umso wichtiger ist es, uns für ein verantwortungsvolles Wirtschaftssystem einzusetzen, das unsere Lebensgrundlagen bewahrt und niemanden benachteiligt – schon gar nicht jene, die schon jetzt ressourcenschonend wirtschaften. Was uns dieses Jahr schwerpunktmäßig noch beschäftigen wird, darauf gebe ich euch einen Ausblick:

Gleich zu Beginn des Jahres kommt ein bedeutendes Thema für Dienstgeber:innen-Betriebe auf uns zu: die Arbeitsmarktreform. Aber auch für alle anderen ist die Art und Weise, wie die Diskussion geführt wird von Bedeutung, denn es zeigt sich einmal mehr, welches Menschenbild innerhalb des ÖVP-Wirtschaftsbunds vorherrscht. Nämlich ein von tiefem Misstrauen geprägtes, dessen Folge ein Generalverdacht gegenüber allen Arbeitslosen ist. Tönt es doch regelmäßig aus ÖVP-Kreisen, dass Arbeitslose gar nicht arbeiten wollen. Diese Unterstellungen sind unsachlich und menschenverachtend!  Ich dagegen vertraue darauf, dass das Gros der Menschen seinen Beitrag leisten will – für die Gesellschaft, aber auch intrinsisch motiviert und individuell für sich selbst. Wir setzen uns daher dafür ein, dass die Arbeitsmarktreform in eine solidarische Richtung geht, die Gesellschaft nicht gespalten wird und ein gutes Zusammenleben möglich ist. In diesem Zusammenhang sei auch der Fachkräftemangel genannt, der vielen Unternehmer:innen derzeit Kopfzerbrechen bereitet. Klar ist: Hier ist politisches Handeln gefragt. Wie zum Beispiel in Form einer Überarbeitung der Rot-Weiß-Rot-Karte, die Reform der Lehrlingsausbildung und eine breite Diskussion über die Zukunft der Arbeit, wo es um weit mehr geht als Digitalisierung und Effizienzverbesserungen. Stattdessen sind wir sowohl als Dienstgeber:innen als auch als EPU gefordert über Gerechtigkeit und Fairness bei der Verteilung von Erwerb und Einkommen und die zukünftige Gestaltung einer sinnstiftenden Arbeitswelt zu diskutieren.

Mutiges, entschlossenes politisches Handeln braucht es in diesem Jahr auch beim Klimaschutz: Zum einen wird das Thema Kreislaufwirtschaft eine große Rolle spielen. Hier sind wir in gutem Austausch mit dem Klimaschutzministerium, denn für die Ökologisierung der Wirtschaft ist die Kreislaufwirtschaft zentral. Dabei  geht es bei weitem nicht nur um eine Reform der Abfallwirtschaft, sondern vielmehr um eine umfassende Transformation der Wirtschaft im grundsätzlichen Produktdesign, in der Ressourcenschonung etc. Zudem muss es endlich Vorteile für Unternehmer:innen geben, die bereits ressourcenschonend arbeiten! Die Klimakrise kann aber nur bewältigt werden, wenn an vielen Stellschrauben gleichzeitig gedreht wird. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass unser Klimaantrag, der dank des Einsatzes unserer Mandatar:innen schon vielfach beschlossen worden ist, in noch vielen weiteren Fachverbänden und -gruppen eingebracht wird. So zeigen wir der WKO-Spitze, dass »die Wirtschaft« – entgegen deren Behauptungen – schon längst für einen Wandel hin zu einem verantwortungsvollen Unternehmer:innentum bereit ist.

Auch 2022 sehen wir es als unsere Aufgabe, die Kontrollarbeit in der Wirtschaftskammer fortzuführen. Denn dass hier Vertrauen (leider) nicht ausreicht und Kontrolle immer besser ist, stellen wir regelmäßig auf unserer Website unter Wirtschaftskammer glasklar unter Beweis. Hier machen wir die Budgets der Kammer öffentlich, legen dar, was mit den Pflichtmitgliedsbeiträgen passiert, informieren über die Entwicklungen in der Causa Wahlbetrug bei den Wirtschaftskammerwahlen 2020 und vieles mehr.

Ich freue mich auf ein weiteres Jahr voller grüner Ideen, inspirierendem Austausch, Tatkraft und Engagement. Lasst uns gemeinsam für eine Grüne Wirtschaft sorgen!

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

14.09.2021

Heute:

Für das Buch mit dem Titel »Zukunft.Arbeitswelten« (eine Kooperation der Politischen Akademie der ÖVP, dem Verein Modern Society, der Fraktion Christlicher Gewerkschafter, sowie der Vereinigung Wiener Akademikerinnen und Akademiker), habe ich einen Beitrag verfasst – hier eine gekürzte Version davon:

DIE TRANSFORMATION DER WIRTSCHAFTS- UND ARBEITSWELT BRAUCHT NEUE LÖSUNGEN ZUR FAIREN VERTEILUNG VON ARBEIT UND EINKOMMEN

Die Pandemie hat so einiges offenbart, was jahrzehntelang vernachlässigt wurde: Dazu zählt die Notwendigkeit einer Erweiterung des Arbeitsbegriffes, sodass Reproduktions-, Care-Arbeit und ehrenamtliche Tätigkeiten, die im Übrigen größtenteils von Frauen geleistet werden, miteinbezogen werden sowie die fehlende Wertschätzung und damit einhergehend schlechte ökonomische Bewertung von systemerhaltenden Berufen, wie Kindergartenpädagogik, Personenbetreuung, Altenpflege, Reinigung, etc., die im Übrigen auch größtenteils von Frauen ausgeübt werden.

Zudem hat die Pandemie einen enormen Schub bei der Digitalisierung der Arbeit gebracht. Der Trend zur Verlagerung vieler Tätigkeiten, die früher als Dienstleistung von Menschen erbracht wurden, in den Bereich des Internets, wurde verstärkt. Wir alle erledigen inzwischen „ganz nebenbei“ die Arbeit von Bankangestellten, Handelsangestellten, Reisebürofachkräften, etc. über digitale Arbeitsmittel selbst. Viele der ehemals dafür notwendigen Arbeitskräfte sind längst abgebaut und weitere werden folgen. Eine dauerhafte Verschiebung von Erwerbsarbeitsvolumen im Dienstleistungsbereich hin zu einerseits IT-basierten Berufen, andererseits zu Hilfstätigkeiten wie Zustelldiensten etc. wird unausweichlich folgen.

Vielfach wird der Bevölkerung weisgemacht, dass die durch die Digitalisierung entstehenden Arbeitsplätze die aus ihren ursprünglichen Berufen Ausgeschiedenen auffangen werden. Zusätzlich sei in Bereichen der Pflege und anderer sozialer Arbeit ausreichend Arbeitskraft notwendig. Nur, wenn diese Tätigkeiten bisher vielfach (vor allem von Frauen) unbezahlt übernommen wurden, warum sollte es nun plötzlich gelingen, diese angemessen zu entlohnen? Dazu fehlt die Bereitschaft zur gemeinschaftlichen Finanzierung einer adäquaten Entlohnung der Sorgearbeit. Das Mantra „Leistung muss sich lohnen“ wird häufig nur auf bestimmte Leistungen angewendet.

In Vorhersagen über die Entwicklungen der Erwerbsarbeit wird vielfach davon ausgegangen, dass sich deren gesamtes Volumen verringern wird. Aus der Perspektive der Unternehmer:innen erscheint das logisch – schließlich ist sie ein wesentlicher Kostenfaktor und die technischen Entwicklungen ermöglichen deren teilweise Substitution.

Wie wird Arbeit und Einkommen nun künftig so verteilt, dass alle Teile der Bevölkerung ihren Fähigkeiten entsprechend teilhaben können?

Ein Vorschlag, für den wir uns seit langem einsetzen und der seit Jahrzehnten immer wieder diskutiert wird, hat während der Pandemie erneut Rückenwind erhalten:

Das Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE), das allen Menschen ein würdevolles Leben ermöglicht, die gesellschaftliche Teilhabe und die Existenz sichert, an keine Bedingungen geknüpft ist und für jede Person individuell gilt.

Das angestrebte Grundeinkommen ersetzt nicht den Sozialstaat. Dabei können einige der bestehenden, staatlichen Leistungen zwar ersetzt werden (Sozialhilfe, Notstandshilfe, Familienbeihilfe, etc.), es muss aber weiterhin für bestimmte Personengruppen zusätzliche Leistungen wie z.B. Pflegegeld, Behindertenunterstützung, etc. geben. Wesentlich ist jedoch, dass die Finanzierung einer öffentlichen Infrastruktur und Daseinsvorsorge in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pflege, Kinderbetreuung, Verkehr, Wasser, Energie und Wohnen als wichtige Staatsaufgabe bestehen bleibt.

Auf dieser Basis aufbauend wird eine selbstbestimmte Gestaltung der täglichen Arbeit möglich, in der alles, was wichtig ist, erledigt werden wird.

Von kritischer Seite wird regelmäßig angezweifelt, dass die Arbeitswilligkeit bestehen bleibt. Dazu wurde bereits in mehreren Untersuchungen festgestellt, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung mit einem BGE den Anteil der Erwerbsarbeit nur geringfügig reduzieren wollen würde. Verringert sich nun also – wie prognostiziert – das allgemeine Erwerbsarbeitsvolumen, ist daher davon auszugehen, dass somit eine bessere Verteilung von Erwerbsarbeit ermöglicht wird.

Ob es zu einer Verteuerung von Arbeit kommt, ist vor allem eine Frage der zukünftigen Ausgestaltung des Abgabensystems. Eine Umschichtung weg von Arbeit hin zu Ressourcen und Vermögen ist auch zur Bewältigung anderer politischer Ziele wie z.B. der Klimakrise ohnehin unumgänglich. Sicher ist: Geld ist genug vorhanden. Die Finanzierung eines BGE ist vor allem eine Verteilungsfrage.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

 

Du möchtest den vollständigen Buchbeitrag lesen? Schreib uns gerne eine Mail an office@gruenewirtschaft.at.  

09.06.2021

Heute:

Ultima Ratio – der Boykottaufruf!

Wann bekennt sich die Wirtschaftskammer zu den im Regierungsprogramm festgelegten Klimaschutzzielen? Wann unterstützt sie die dringend notwendige Wirtschaftswende?

Wir haben uns viele Jahre redlich bemüht. Die WKO-Spitzen scheinen aber nicht und nicht einsehen zu wollen, dass es beim Klimaschutz kein Abwarten und Verzögern mehr geben darf, denn sie blockieren weiterhin alle Maßnahmen des Klimaschutzministeriums. Darum ist es jetzt Zeit für die Ultima Ratio: den Boykott.

Warum machen wir das?

Seit 20 Jahren setzen wir in den Gremien der Wirtschaftskammer Initiativen für den Klimaschutz und eine Dekarbonisierung der Wirtschaft. Seit 20 Jahren lehnt der ÖVP-Wirtschaftsbund einen progressiven Weg ab und versucht nach dem Motto »Weiter wie bisher – es wird sich schon irgendwie ausgehen!« jeden Fortschritt zu verhindern. Jetzt wird die Zeit knapp. Dennoch ist die Wirtschaftskammerspitze nach wie vor zu keiner Kursänderung bereit und torpediert die Pläne zu Sicherung unserer Lebensgrundlagen.

Ganz deutlich zeigt das die im Mai geleakte »Analyse« der WKO zum Klimaschutzgesetz. Längst überfällige Maßnahmen werden als »problematisch« und »untragbar« bezeichnet. WKO-Generalsekretär Kopf nennt die Klimaschutzinitiativen der Bundesregierung sogar »ideologiegetriebene Bestrafungsfantasien«.

Wenn die ÖVP-dominierte Kammerspitze weiter den Bremsklotz macht, untergräbt genau sie die vielfach geforderte Planungssicherheit. Denn diese gelingt vor allem durch vorausschauendes Denken und rechtzeitiges Handeln. Alle Branchen, die vom Ausbau der erneuerbaren Energien, von der Verkehrswende, der Ernährungswende, etc. profitieren, schaffen Arbeitsplätze der Zukunft und Wertschöpfung im Land. Die Kosten des Nicht-Handelns beim Klimaschutz gehen in die Milliarden und wir tragen sie alle gemeinsam. Die Kammer, die unsere Interessen eigentlich vertreten sollte, verunmöglicht also unser zukunftsfähiges unternehmerisches Handeln! Das halten wir für unverantwortlich und dagegen setzen wir uns jetzt zur Wehr.

Boycott setzt starkes Zeichen

So lange die WKO diesen Kurs fährt, stoppe ich die Zahlung der Beiträge und rufe alle ökologisch orientierten Unternehmer:innen dazu auf es mir gleich zu tun. Im ersten Schritt ist die Vorschreibung der Grundumlage als Bescheid anzufordern. Diese Möglichkeit hast du binnen vier Wochen nach Erhalt der Vorschreibung. Der Bescheid ist notwendig, um gegebenenfalls beim Landesverwaltungsgericht Beschwerde einlegen zu können. Es wäre ein starkes Zeichen des Protests, wenn möglichst viele die bescheidmäßige Erledigung verlangen.

Alle Infos zu den weiteren Schritten findest du hier.

Wir Unternehmer:innen gestalten jeden Tag in unserem Tun die Zukunft. Dafür brauchen wir einen Rahmen, der verantwortungsbewusstes Handeln unterstützt, ja sogar zum Vorteil werden lässt. Denn nur so werden wir die Kurve kriegen. Wenn die WKO jedoch weiter ihren Kurs des Beharrens auf der fossilen Vergangenheit fährt, dann sage ich:

#NichtinmeinemNamen #NichtmitmeinemGeld
#WKOBoycott

 
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

18.02.2021

Heute:

Dringend notwendig: Verlängern der Abgabenstundungen!

Mehr als 11 Monate dauert die Gesundheitskrise nun schon an. Viele Unternehmer*innen haben ein wirklich hartes Jahr hinter sich. Manche Branchen hatten kaum Möglichkeit Umsätze zu generieren:

Den Fremdenführer*innen sind die Tourist*innen ausgefallen, Reisebüros und -veranstalter werden durch Reisebeschränkungen beeinträchtigt, Hotellerie und Gastronomie müssen immer wieder wochenlang zusperren, alle am Kultur- und Eventbetrieb angekoppelten Betriebe können kaum Umsatz machen, den Kunsthandwerker*innen sind die Weihnachtsmärkte ausgefallen, den Fotograf*innen die Kund*innen, die sich für Anlässe ablichten lassen. Das sind nur wenige Beispiele, denn auch viele andere Berufsgruppen sind durch die verhaltene Nachfrage wirtschaftlich schwer beeinträchtigt. Wenn nicht klar ist, wie es weitergeht, überlegen sowohl Firmen als auch Privatkund*innen genau, ob und wo sie bereit sind zu investieren. Wirtschaft ist nun mal ein komplexes Geflecht.

Eine der ersten Hilfsmaßnahmen war die Stundung bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Diese sollen nun mit 31.03.2021 beendet werden. Gleichzeitig wird mit der Gewährleistung des Härtefallfonds, des Fixkostenzuschusses etc. bis Ende Juni 2021 signalisiert, dass die Bundesregierung derzeit mit der Notwendigkeit von Hilfsmaßnahmen bis zum Sommer rechnet.

Dennoch hat SVS-Obmann Lehner Ende Jänner sogar damit begonnen, Mahnschreiben für die Nachforderungen der Beiträge aus den Vorkrisenjahren an die Versicherten zu verschicken. Das ist an Empathielosigkeit und Arroganz schwer zu überbieten, wenn glasklar ist, dass die Unternehmen noch immer keine Einnahmen haben.

Selbstverständlich können Abgaben nicht ewig gestundet und aufgeschoben werden. Das Ende dieser Regelungen jedoch in einer Phase fehlender Umsätze zu beschließen, ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial eine Katastrophe – die bereits vielfach angekündigte Insolvenzwelle wird so zu einer „self-fulfilling prophecy“.

Als Grüne Wirtschaft treten wir dafür ein, die Hilfen für Unternehmer*innen so weit als möglich auszudehnen (so lange, bis die wirtschaftliche Situation unternehmerischen Erfolg wieder möglich macht). Deshalb fordern wir eine Verlängerung der Abgabenstundungen: Diese sollen erst 3-6 Monate nach Beendigung von anderen Hilfsmaßnahmen anfallen, denn zuerst einmal müssen Einnahmen möglich sein, bevor die Nachzahlungen gestemmt werden können!

Für den wirtschaftlichen Neustart brauchen wir Unternehmer*innen Luft zum Atmen. Ein zu früher Start der Nachzahlungen nimmt uns aber den Spielraum wieder auf die Beine zu kommen.

 

 
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

21.10.2020

Heute:

Comeback ermöglichen – Arbeitslosenversicherung für Selbständige Praxistauglich gestalten

Es braucht eine Reform der Arbeitslosenversicherung für Unternehmer*innen 

Die tiefen Einschnitte in die Auftragslage und Einkommenssituation vieler EPU und Kleinstselbständigen in Folge der Coronakrise führen zu massiver Verunsicherung. Wie geht es weiter? Wird mein Unternehmen die kommenden Krisenmonate überstehen?  Kleinstselbständige haben häufig keine Reserven für Krisenzeiten. Dazu sind die Abgaben auf den Faktor Arbeit einfach zu hoch.

Für manche könnte es zur Überbrückung hilfreich sein, auf die Arbeitslosenversicherung zurückzugreifen. Viele haben einen Anspruch aus Zeiten der unselbständigen Erwerbstätigkeit vor der Unternehmensgründung. Allein: Die bestehenden Regelungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz sind für selbständig Erwerbstätige weit weg von der unternehmerischen Praxis und verunmöglichen daher oft ein Comeback.

Unsere Initiative im Wirtschaftsparlament

Die Grüne Wirtschaft wird  im kommenden Wirtschaftsparlament eine Initiative starten, bei der es um eine Reform der Arbeitslosenversicherung der Selbstständigen geht, die sich entlang der unternehmerischen Praxis orientiert. Wir werden mit diesem Vorschlag auch an die Bundesregierung herantreten.

Die aktuelle Regelung ist realitätsfremd und unpraktikabel

Die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung reichen nicht immer aus um diese schwierige Phase durchzustehen. Viele empfinden das allmonatliche Stellen von Anträgen an die Wirtschaftskammer beim Härtefallfonds als Demütigung. Oft sind auch die entlang komplexer Berechnungsmethoden errechneten Zuschüsse am Ende trotzdem zu gering um über längere Zeit davon zu leben. Deshalb gilt es auch die Arbeitslosenversicherung so anzupassen, dass diese eine Möglichkeit zur Überbrückung bietet.

Das Ziel einer Arbeitslosenversicherung muss neben der finanziellen Absicherung der Unternehmer*innen vor allem darin liegen, diesen nach einer Krise den Weg zurück in den Beruf zu ermöglichen. Viele wollen nämlich ihre Unternehmen weiterführen. Die im aktuellen System vorgesehene Bedingung, den Gewerbeschein abzumelden oder eine Ruhendmeldung vorzunehmen, steht diesem Ziel diametral entgegen. Zwar lassen manche(!) AMS eine selbständige Tätigkeit in geringfügigem Ausmaß weiter zu, die vorgesehenen Berechnungsmethoden zur Einkommens- und Umsatzermittlung sind aber weit weg von der unternehmerischen Realität und führen am Jahresende regelmäßig zu einem bösen Erwachen, wenn plötzlich festgestellt wird, dass die Einkommensgrenzen nicht lt. den komplexen Bestimmungen eingehalten wurden. Zu viele Fallen hat das derzeitige System: So ist z.B. bei der Einkommensermittlung nicht vorgesehen, die Sozialversicherungsbeiträge als betriebliche Ausgabe zu verbuchen. Ein klarer Fall von Unverständnis für die sozialversicherungsrechtliche Realität von Unternehmer*innen.

Eine weitere Tücke im aktuellen System ist die nur begrenzt wirksame Möglichkeit, Ansprüche auf Arbeitslosenunterstützung aus einer früheren unselbstständigen Tätigkeit mitzunehmen. Die Regelung sieht vor, dass dies nur dann unbefristet möglich ist, wenn die Unternehmensgründung vor dem 1.1.2009 erfolgt ist. Diese unnötige Regelung verschärft die Lage für „jüngere“ Gründer*innen, die in Krisen sowieso besonders hart getroffen werden. Eine Anpassung des Zugangs zum Arbeitslosengeldanspruch wäre daher dringend notwendig.

Freiwillige Arbeitslosenversicherung der Selbständigen – ein Rohrkrepierer

Als Alternative für jene, die keine Ansprüche aus Zeiten vor der Unternehmensgründung haben, wurde 2009 ein Modell der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige geschaffen. Laut Medienberichten haben seit der Gründung 2009 jedoch nur rund 1000 Personen in Österreich die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen. Diese niedrige Zahl zeugt davon, wie realitätsfremd und unpraktikabel diese aktuelle Regelung ist. Auch hier muss mittelfristig über neue Wege diskutiert werden.

 
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

01.10.2020

Heute:

Plastikpfand: einzige sinnvolle Lösung des Plastikproblems

Die unsägliche Rolle der Wirtschaftskammer bei der Verhinderung von Maßnahmen zur Lösung von Klima- und Umweltproblemen

Österreich muss bis 2029 die Sammelquote von Einwegplastikflaschen von 73 % auf 90% erhöhen, dies schreibt die EU vor. Sogar schon vor der grünen Regierungsbeteiligung hat das Umweltministerium – damals noch unter ÖVP-Ministerin Köstinger – eine Studie in Auftrag gegeben, die klären sollte, durch welche Maßnahmen man am schnellsten und auch am billigsten die EU-Vorgaben umsetzen kann. Das Ergebnis: Ein Pfand auf Einwegplastikflaschen ist nicht nur der günstigste, sondern auch der einfachste Weg um das Ziel von 90% zu erreichen.

Die Grüne Ministerin Leonore Gewessler hat kürzlich in einem 3-Punkte-Plan einen Fahrplan vorgestellt, wie die Ergebnisse der Studie in die Praxis umgesetzt werden können.

Die Antipfand-Lobby

Die Kritik von Seiten der Recycling-Unternehmen, die ein einträgliches Geschäft verlieren würden, und Handelsvertretern kam schnell, laut und trotzdem wenig überraschend. Wenig erstaunlich ist auch die Haltung der WKO zu diesem Thema: Auch wenn sich WK-Präsident Harald Mahrer vor der WK-Wahl noch als „Pionier für Klima- und Umweltschutz“ zu inszenieren versucht hat, ist die WKO nun nämlich die vehementeste Stimme gegen ein Einwegpfand und hat offensichtlich gemeinsam mit der Altstoff Recycling Austria (ARA) eine großangelegte Antipfand Propagandawelle koordiniert.

Dabei gibt es unter den Unternehmer*innen bzw. WKO-Mitgliedern keine eindeutige Ablehnung eines Pfandsystems. Ganz im Gegenteil finden sich sogar viele Unternehmer*innen, die die WKO dafür kritisieren, dass sie im Namen der Wirtschaft einseitige Werbung für ein System macht, dass eben nicht von allen Wirtschaftstreibenden unterstützt wird. Christian Abl, Geschäftsführer der Pfandsystemgesellschaft ÖPG kritisierte dies sogar in einem öffentlichen Brief an Mahrer. Darin wirft er der WKO Spitze auch vor, eine einseitig besetzte Arbeitsgruppe zum Thema Pfand eingerichtet zu haben, ohne auch nur ein Unternehmen einzuladen, dass sich für ein Pfandsystem ausspricht. Als Grüne Wirtschaft engagieren wir uns seit Jahren konsequent für eine Ökologisierung der Wirtschaft. Deshalb verurteilen wir diese einseitige und parteiische Haltung der WKO.

Die Rolle der WKO

Die ARA, in deren Struktur die großen Einzelhandelsunternehmen eine bedeutende Rolle spielen, kämpft nicht aus inhaltlicher Überzeugung gegen das Pfandsystem, sondern aus Angst um die Lizenzgebühren. Diese würden bei Einführung eines Pfands auf Einwegflaschen jährlich um 24 Mio. € sinken. Auch der WKO ist anscheinend der Umsatz der großen Recycling-Unternehmen und die Bequemlichkeit der Lebensmittelhändler wichtiger, als die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Plastikmüll.

Anders lässt sich der sogenannte 10-Punkte-Plan der WKO nicht verstehen. Dieser Plan besteht nur aus zwei Seiten mit schönen Bildern und Zahlen. Inhaltlich ist es nicht viel mehr als: „Wir machen alles wie jetzt, nur eben ein bisschen mehr.“ Kostenrechnungen und Analysen fehlen ganz und das obwohl das Hauptargument gegen ein Pfandsystem die vermeintlich hohen Kosten sind. Um die Quote von 90% zu erreichen, schlägt die WKO auch vor, aus dem Rest- und Gewerbemüll die Plastikflaschen auszusortieren. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die EU dies jedoch nicht als getrennte Sammlung akzeptieren – den meisten Involvierten ist das klar, die WKO will das nicht wahrhaben. Der 10-Punkte-Plan wird von der WKO, ARA und anderen Antipfand-Lobbyisten als Alternative zum Pfand propagiert – die ARA spricht sogar von einer „Jahrhundertchance“. Eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema sieht anders aus.

Wer trägt aber die Kosten bei Nichterfüllung der Quote?

Laut Angaben des Klimaschutzministeriums ist bei Nichterfüllung der Sammelquote mit Kosten bei der EU-Plastiksteuer von 160 bis 180 Mio. € pro Jahr zu rechnen. Dass diese ebenfalls finanziert werden müssen, ist der Anti-Pfand-Lobby wieder einmal egal, denn das Überwälzen auf die Allgemeinheit spielt keine Rolle, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Die WKO lässt sich hier einmal mehr willig vor den Karren der Interessen einiger weniger spannen.

Mensch und Natur im Zentrum des wirtschaftlichen Handelns

Die Grüne Wirtschaft vertritt die Interessen der ökologisch und sozial engagierten Unternehmer*innen. Uns ist klar, dass es dringend notwendig ist das Problem des Plastikmülls und der Ressourcenverschwendung konsequent und ambitioniert anzugehen. Die Erfahrungen aus anderen Ländern und auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema führen ganz klar zu der Erkenntnis:

Wenn wir den Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft und den Einstieg in eine Kreislaufwirtschaft schaffen wollen, führt kein Weg an einem klug ausgestalteten Pfandsystem vorbei. Die WKO sollte sich von ihrer rückwärtsgewandten Politik verabschieden, anstatt unseriös und engstirnig die Interessen weniger großer Player im Recycling- und Handelsbereich zu bedienen.
 
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

15.09.2020

Heute:

UNIVERSALABGABE: STEUERREFORM-MODELL DER GRÜNEN WIRTSCHAFT 

Die »Universalabgabe« bringt unterm Strich mehr: Transparenz, Gerechtigkeit und Krisensicherheit

Die Coronamonate haben deutlich gemacht, was vielen schon länger klar war: Das Klischee der „reichen“ Unternehmer*innen gehört längst zur Vergangenheit. Gerade unter den Gründer*innen und den Kleinselbständigen kämpfen viele auch in Zeiten guter Konjunktur ums Überleben. Sichtbar wird dieser Umstand im alle zwei Jahre erscheinenden Einkommensbericht des Rechnungshofs: Zuletzt (2018) wurde dort festgehalten, dass das Medianeinkommen (50% liegen darunter, 50% darüber) der 346.970 ausschließlich selbständig Erwerbstätigen nur bei jährlich  11.637,00 € (Frauen 7.893 €, Männer 15.637 €) liegt! Angesichts solcher Zahlen ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele Unternehmer*innen in Österreich keine Reserven für den Notfall haben und nun um ihr finanzielles und unternehmerisches Überleben kämpfen.

Die eben in Kraft getretene Senkung des Einkommensteuertarifs in der niedrigsten Stufe hat für das Segment der gering verdienenden Unternehmer*innen keine Auswirkungen, da sie unterhalb der Steuerpflicht liegen. Relevant sind jedoch viel mehr die Sozialversicherungsbeiträge.

Eine weitreichende Reform des österreichischen Abgabensystems kann aber auch hier Abhilfe schaffen und damit für eine Verschiebung der Steuerlasttragung sorgen. Dabei  muss es um mehr Gerechtigeit und Zukunftsfähigkeit im Steuersystems gehen bei sofortiger Entlastung von EPU und KMU. Die Einführung einer »Universalabgabe« kann das leisten.

Eine für alles – das ist die »Universalabgabe«

Die »Universalabgabe« – in Expertenkreisen auch unter dem Begriff des „integrierten Tarifs“ bekannt – ist ein ganzheitlicher Lösungsansatz zur Erneuerung des österreichischen Steuersystems, der Einfachheit mit Transparenz und sozialer Gerechtigkeit vereint. Sie fasst Lohn- bzw. Einkommenssteuern sowie Sozialversicherungsbeiträge zu einer gemeinsamen Abgabe zusammen.

Die ersten 12.000 € des Einkommens bleiben bei voller Sozialversicherung gänzlich abgabenfrei. Für die Einkommensteile darüber würde ein stark vereinfachtes Steuertarifmodell mit deutlich einfacheren Steuersätzen gelten: Das restliche Einkommen wird mit vereinfachten und transparenten Tarifen besteuert – inklusive einer klaren progressiven Steigerung. Die Sozialversicherung wird für den Einkommensteil bis 12.000 € aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert.

Wie sich die Universalabgabe auf verschiedene Einkommen auswirkt, und wie viel mehr unterm Strich übrig bleiben würde, zeigen diese drei Beispiele:

Universalabgabe
Universalabgabe Beispiel 2
Universalabgabe Beispiel 3

Die seit Jahren diskutierte Entlastung des Faktors Arbeit würde mit unserem Modell endlich umgesetzt werden. Gleichzeitig erreichen wir auch eine deutliche Vereinfachung des Abgabensystems. Wir müssen den Unternehmer*innen mehr finanzielle Spielräume verschaffen. Wenn unterm Strich mehr überbleibt, ist es auch einfacher (in Zukunft) für schlechte Zeiten vorzubauen.

Die Grüne Wirtschaft setzt mit diesem Vorschlag einen Impuls zur radikalen Vereinfachung des Abgabensystems auf Erwerbsarbeit und leistet damit gleichzeitig einen Beitrag zur Debatte über eine Steuerstrukturreform. Denn zur Gegenfinanzierung sollen Steuern auf Umweltschäden, Ressourcenverbrauch und Vermögenszuwächse herangezogen werden.
 
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft
 
 

15.04.2020

Heute:

Coronakrise: Härtefallfonds

Was in Phase 2 gelungen ist. Und wo die ÖVP nicht nachgegeben hat.

Der Härtefallfonds geht in die zweite Phase, die eine deutliche Ausweitung des Kreises der Bezugsberechtigten bringen wird. Das war harte Arbeit für das Grüne Verhandlungsteam unterstützt durch die Expertise der Grünen Wirtschaft.

Nämlich der ÖVP zu erklären, warum es Mehrfachversicherte gibt, die bei Ausfall ihrer selbstständigen Einkünfte zu wenig zum Leben haben. Oder dass es Nebeneinkünfte gibt, die alleine nicht zum Überleben reichen. Oder dass es Menschen gibt, die geringfügig unselbständig beschäftigt sind, Kleinstunternehmer*innen sind und manchmal sogar auch noch gleichzeitig ein paar Stunden als freie Dienstnehmer*innen jobben, jetzt aber vor dem Nichts stehen.

All diesen wollte die ÖVP keinen Einkommensausfall ersetzen, weil sie für sie keine »seriösen« Unternehmer*innen sind. Das gleiche gilt bei der angeblichenWirtschaftspartei auch für Gründer*innen nach dem 31.12.2019.

Gut, nun ist es also nach vielen harten Verhandlungsstunden unseren Verhandler*innen gelungen, (fast) all diesen Selbstständigen die Möglichkeit zu verschaffen ihren Einkommensausfall ersetzt zu bekommen.

Einige Wermutstropfen sind leider geblieben:

Da ist z.B die seltsame Berechnung der Bemessungsgrundlage entlang der Umsatzrentabilität, die in der Realität natürlich nicht linear herunterzurechnen ist.

Dass es einen Fixkostensockel gibt, wollte das Verhandlungsgegenüber nicht anerkennen. Tägliches »Bonieren« ergibt dort Sinn, wo es einen Direktvergleich der Antragsmonate mit denen des Vorjahres gibt, etwa im Handel oder  in der Gastronomie. Dass es jedoch im Projektgeschäft, vielen Dienstleistungsbranchen, etc. völliger Unsinn ist, auf dieser Basis den Einkommensausfall zu berechnen, wollte das Finanzministerium auch nicht einsehen.

Und aus Genderperspektive schmerzt es mich besonders, dass für die Kleinstunternehmer*innen, die nirgendwo Kranken- oder Pensionsversicherung einzahlen, gar nichts gibt. Das sind nämlich mit Sicherheit mehr Frauen als Männer.

Wir brauchen für alle, die auch in Phase 2 noch keinen Anspruch haben, jedoch auf diese Einkünfte angewiesen sind, ein zusätzliches Auffangnetz!

Wahrscheinlich gibt es noch ein paar andere Spezialfälle, aber alle aufzuzählen sprengt diesen Rahmen. Du weißt von einem oder zählst selbst dazu? Dann schreibe uns doch, wir werden das selbstverständlich weiter beobachten und uns als deine Interessenvertretung auch bei der Umsetzung des Härtefallfonds einbringen. 

Für mich kann ich resümieren: Es ist viel gelungen. Es ist nicht perfekt, aber deutlich besser als in Phase 1.

Die ÖVP vertritt nach wie vor ausschließlich die Interessen der Großunternehmen und Konzerne. Überraschung? Nein, aber die Deutlichkeit schmerzt trotzdem.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

14.02.2020

Heute:

Mahrer ist nur dann grün,
wenn’s den Handelsriesen passt

Die Wirtschaftskammer torpediert in einer Aussendung die geplanten Regierungsmaßnahmen für Mehrwegpfand. Anlass ist eine aktuelle Studie im Auftrag von Greenpeace, die unter anderem eine Quote für Flaschenpfand-Systeme in Supermärkten vorschlägt. Der aktuelle Fall veranschaulicht aufs Neue, dass der grüne Anstrich der Kammer-Spitze rasch abblättert, wenn‘s um Partikularinteressen der Handelsriesen geht.

Laut dem für Umwelt zuständigen WKO-Abteilungsleiter Stephan Schwarzer sind Mehrweg-Pfandsysteme zu teuer, zu bürokratisch und deshalb „nicht zielführend.“ Dabei sind sich sämtliche Umweltexpert*innen einig, dass ein Pfandsystem das wirksamste Mittel gegen den gigantischen Plastikmüllberg wäre. Jährlich werden in Österreich 45.000 (!) Tonnen Einweg-Plastikflaschen verkauft. Nur jede zweite Flasche landet im Recycling.

»WKO-Präsident Mahrer kann sich weiterhin einen grünen Anstrich geben und gleichzeitig die Interessen der Handelsriesen schützen. Wenn es der Klientel nicht passt, wird nachhaltiges Wirtschaften eben ausgebremst.«
Sabine Jungwirth, 2019, Foto: Foto Furgler
Sabine Jungwirth
Grüne Wirtschaft

Warum argumentiert Schwarzer also gegen sinnvolle Maßnahmen? Ganz einfach: Weil er die Partikularinteressen der Großkonzerne vertritt – im konkreten Fall jene der Supermarkt-Riesen. Die vielen Greissler und Biomärkte in den Regionen, die schon jetzt auf Mehrweg-Getränkesysteme setzen, stemmen ihr Engagement weiterhin alleine.

Und Schwarzer ist Auftragstäter. Ich bin mir sicher, dass ein Abteilungsleiter nur nach Absprache mit dem Chef ausrückt: WKO-Präsident Mahrer kann sich weiterhin einen grünen Anstrich geben und gleichzeitig die Interessen der Handelsrisen schützen. Wenn es der Klientel nicht passt, wird nachhaltiges Wirtschaften eben ausgebremst.

Mahrer hat die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht. Denn wir werden ihm die grün lackierte Wendehals-Politik nicht durchgehen lassen. Wir werden die Zweidrittel-Mehrheit der fossilen ÖVP-Dinos in der Kammer brechen. Dafür brauchen wir euch: Wählt vom 2.-5. März Grüne Wirtschaft!

28.08.2019

Heute:

Der Fachkräftemangel – ein Multiorganversagen

Die österreichischen Unternehmen klagen über Schwierigkeiten bei der Suche nach Fachkräften. Das belegen Zahlen einer Untersuchung der Wirtschaftskammer und ich höre das auch oft im Gespräch mit Unternehmerinnen und Unternehmern. Vielfach werden die personellen Lücken durch höheren Einsatz der Unternehmer*innen und der bestehenden Mitarbeiter*innen kompensiert. Das ist aber keine Dauerlösung.

Entgegen der vielfach verbreiteten Meinung, es fehlten IT-Fachkräfte und Personal in der Gastronomie und Hotellerie, sind es auch viele Betriebe im Handwerk, die mir von ihren Schwierigkeiten berichten. Der Fachkräftemangel ist also ein branchenübergreifendes Problem geworden.

Wie ist es zu diesem Engpass gekommen? Nun, ich denke, dass es ein vielschichtiges Versagen politischer (Nicht-)Entscheidungen ist, sozusagen ein »Multiorganversagen« und es wichtig ist, die Ursachen zu beleuchten, um längerfristig tragfähige Lösungen vorzuschlagen.

Die Ursachen des Fachkräftemangels
  • Die Anzahl der Lehrlinge geht aufgrund des Rückgangs an Jugendlichen generell zurück. Gleichzeitig gehen geburtenstarke Jahrgänge in Pension.
  • Vor allem im ländlichen Raum ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – auch durch eine über Jahrzehnte konservierte ÖVP-Familienpolitik – immer noch schwierig bis unmöglich.
  • Während der wirtschaftlich unsicheren Phase nach der Finanzkrise 2008 wurde das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen reduziert. Diese Lücke ist nun spürbar.
  • Menschen ohne Hochschulabschluss werden auch nach der Novelle der Rot-Weiß-Rot-Karte von der Zuwanderung weitestgehend ausgeschlossen. Aber gerade bei Absolvent*innen einer Lehrausbildung ist der Fachkräftemangel am größten.
  • Die ehemalige türkis-blaue Bundesregierung hat ein ausländerfeindliches Klima erzeugt, das für eine Abschottung Österreichs gegenüber der Zuwanderung dringend gebrauchter Fachkräfte aus dem Ausland gesorgt hat.
  • Die Abschiebung in Ausbildung stehender jugendlicher Asylwerber*innen verschärft die ohnehin schon prekäre Situation. Auch die zaghaften Signale von Ex-Kanzler Kurz nach einer Lockerung ändert daran wenig. Hunderte Betriebe verlieren v.a. in Mangelberufen die dringend benötigten Fachkräfte der Zukunft (http://ausbildung-statt-abschiebung.at/).

Fazit: Der Mangel ist ein Multiorganversagen aus rückwärts gerichteter Politik, getrieben von populistischen Ansagen. 

Nötige Sofort-Maßnahmen zur Beseitigung des Fachkräftemangels

Eine aus meiner Sicht ebenso wichtige wie rasche und unbürokratische Maßnahme sind massive Investitionen in Förderprogramme für Arbeitssuchende, und zwar für arbeitssuchende Österreicher*innen und Zugewanderte. Zum Beispiel sollte es für Unternehmen, die rekrutieren, einen Qualifizierungsscheck geben. Im Zuge der Einstellung könnte dieser im Wifi oder einem privaten Bildungsinstitut eingelöst werden. Das wäre eine unbürokratische und zielgerichtete Initiative, die eine punktgenaue Qualifizierung entlang der spezifischen Bedürfnisse eines Betriebes ermöglicht.

Die Kriterien bei der Zuwanderung über die Rot-Weiss-Rot-Karte  müssen unbedingt rasch geändert werden. Denn die derzeitigen und künftig vorgesehenen Anforderungen machen Zuwanderung ohne Hochschulabschlüsse beinahe unmöglich. Wir brauchen aber gerade im Bereich der sogen. FacharbeiterInnen in  allen Branchen Arbeitskräfte.

Außerdem muss der Arbeitsmarkt-Zugang für Asylwerber*innen ermöglicht werden. Dafür reicht die Umsetzung der bestehenden Rechtlage: Die Aufnahmerichtlinie der Europäischen Union schreibt nämlich vor, dass Asylwerber*innen spätestens neun Monate nach Antragstellung der Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird. Österreich hätte  seit Juli 2015 seine Gesetze entsprechend anpassen müssen!

Mittel- und langfristig braucht es eine Modernisierung der dualen Ausbildung und eine Reform des Bildungssystems, das auch den Anforderungen der modernen Technologien und der geänderten Arbeitswelten Rechnung trägt. Dabei gilt es auch im Fokus zu behalten, dass Erwerbsverläufe in Zukunft vielfältiger sein werden und daher eine breite Grundbildung wichtig sein wird. Die alleinige Priorisierung von MINT-Fächern ist zu kurz gedacht.

Wir fordern die künftige Regierung auf, dort Taten zu setzen, wo die Vorgänger-Regierung untätig geblieben ist!

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

02.05.2019

Heute:

Eine GRÖSRAZ sieht anders aus

Die Bundesregierung hat also 6,5 Milliarden Euro zur Umverteilung vorgesehen. Begünstigt werden ab 2021 vor allem kleine und mittlere Einkommen durch Senkung der Steuertarifstufen und der Sozialversicherungsabgaben. Das ist grundsätzlich gut und richtig.

Allerdings wird die so genannte kalte Progression – also die Nicht-Anpassung der Steuerstufen an die Inflation – dem Fiskus seit Amtsantritt von Kanzler Kurz bis zum Jahr 2022 laut dem Linzer Ökonomen Friedrich Schneider exakt 6,86 Milliarden Euro in die Kassen gespült haben. Oder anders gesagt:

Wir SteuerzahlerInnen finanzieren uns die GRÖSRAZ – die »größte Steuerreform aller Zeiten« (© Harald Mahrer) in mehrfacher Hinsicht selbst: Zum einen, weil Steuerreformen immer aus dem Steuertopf finanziert werden. Zum anderen eben durch die kalte Progression.

Fehlende Ökologisierung

Viel schwerer wiegt allerdings, dass die schwarz-blaue Koalition mit ihrer Nullsummen-Reform keinerlei zukunftsweisende, steuernde Effekte nutzt: In Deutschland wird derzeit eine CO2-Abgabe diskutiert.

Unsere Vision einer Strukturreform sieht ähnlich aus: Wir fordern die Abschaffung umweltschädigender Subventionen, etwa die Steuerbefreiung auf Kerosin. Außerdem würden wir eine CO2-Abgabe einführen – mit einem Steuerbonus für nachhaltig wirtschaftende Unternehmen. Zur Stärkung der regionalen Produktion würde es Kostenwahrheit im Gütertransport geben.

Der steuernde Effekt: UmweltsünderInnen sollen stärker zur Kasse gebeten werden, ökologisch wirtschaftenden Unternehmen stärker profitieren. Auf diese Weise können wir die Klimakrise stoppen und nachhaltiges Wirtschaften würde belohnt werden.

Nur Alibi-Aktionen im Umweltbereich

Die schwarz-blaue Koalition begnügt sich im Umweltbereich stattdessen mit Alibi-Aktionen und belohnt die ÖVP-Wahlkampffinanziers aus der Großindustrie mit einer Senkung der Körperschaftssteuer. Das ist nicht einfach nur schamlose Klientelpolitik auf Kosten des Klimaschutzes. Das kann auch richtig teuer werden. Denn Österreich verfehlt bereits jetzt die EU-Klimaziele.

Laut dem Klimaexperten Gottfried Kirchengast könnte die Bundesregierung im kommenden Jahrzehnt CO2-Zertifikate um bis zu bis zu 10 Milliarden Euro zukaufen müssen.

Maßnahmenpaketchen statt Reform

Für Einpersonen- und kleine Unternehmen hat die Bundesregierung nur ein Maßnahmenpaketchen geschnürt. Die leichtere Absetzbarkeit des Arbeitsplatzes ist in Zeiten mobiler Büros zu kurz gegriffen. Viele EPU arbeiten sowohl zu Hause als auch mobil mit Laptop und Handy.

Eine pauschale Geltendmachung von 250 Euro im Monat für ein fiktives Arbeitszimmer trifft die Bedürfnisse moderner Arbeitswelten punktgenauer – das entspricht den durchschnittlichen Kosten eines Co-Working-Space. Die Abschaffung des ungerechten Selbstbehalts bei der SVA wird hingegen nicht angegriffen. Diese Steuer auf Krankheit trifft vor allem kleine UnternehmerInnen besonders hart.

Mein Fazit

Eine Nullsummen-Reform mit dem Risiko eines Milliardenaufschlags, die die Klimakrise weiter befeuern wird. Statt nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zu belohnen, werden Bonzen-Boni verteilt. Sorry, Herr Mahrer, eine GRÖSRAZ sieht anders aus.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

23.01.2019

Heute:

Satte Rabatte für Gross-konzerne

Wie viel Steuern zahlen multinationale Konzerne?

Die Kernbotschaft einer von den europäischen Grünen dazu in Auftrag gegebenen Studie lautet: Den gesetzlichen Steuersatz zahlen Großkonzerne in der EU fast nie.

Ausnahmeregelungen und Rabatte reduzieren die Tarife erheblich. In Österreich zahlen multinationale Konzerne statt dem offiziellen Körperschaftssteuersatz von 25 Prozent im Durchschnitt nur 13 Prozent Steuer.

Sonderregelung für Magna

Auch in Österreich profitieren Konzerne von zahlreichen Privilegien. Ein Beispiel ist Magna und die Reduktion der Kammerumlage KU1. Mit den Stimmen von Wirtschaftsbund, Freiheitlicher Wirtschaft und Sozialdemokratischem Wirtschaftsverband (!) wurde im erweiterten Präsidium der WKO am 28.11.2018 eine Sonderregelung beschlossen. Diese bewirkt eine 75-prozentige Reduktion der KU1.

Die Grüne Wirtschaft hat als einzige Fraktion gegen diese Konzernbevorzugung gestimmt.

Förderungen für Magna

Magna bekommt zusätzlich noch eine hübsche Stange Geld an verschiedenen anderen Sonderförderungen.

So sind in einem Zeitraum von 15 Jahren (1997-2012) seitens der Steirischen Wirtschaftsförderungs GmbH Landesförderungen in der Gesamthöhe von 47,8 Millionen Euro vergeben worden. Weitere 13 Millionen Euro wurden zwischen 2011 und 2014 vom Wirtschaftsressort ausgeschüttet.

Über Arbeitsstiftungen wurden bereits mehrere Millionen für die Schulungen von MitarbeiterInnen finanziert, um Fachkräfte für Magna auszubilden.

Was uns wichtig ist

Selbstverständlich ist ein großer Leitbetrieb wie Magna ein wichtiges Zugpferd. Dennoch muss in der aktuellen Debatte um die Unternehmensbesteuerung deutlich darauf hingewiesen werden, dass gerade die Großen in besonderem Maß über den Fördertopf subventioniert werden – oder sogar Sonderermäßigungen durch Spezialregelungen und verdeckte Zuwendungen durch Arbeitsstiftungen bekommen.

Es ist sinnvoll, dass über Stiftungen die Qualifizierung von Arbeitskräften finanziert wird. Menschen können damit in den Arbeitsprozess integriert oder in neuen Fähigkeiten geschult werden. Gleichzeitig suchen aber die kleinen und mittleren Betriebe im Gewerbe und Handwerk sowie in der Gastronomie verzweifelt nach Fachkräften. Es stellt sich daher die Frage, warum hier nur in eine Richtung investiert wird?

Das Beispiel Magna zeigt eindrucksvoll, dass die Bundes- und Landesregierungen Großkonzernen den roten Teppich ausrollen, während die Kleinen auf der Strecke bleiben.

Wer keine vergleichbaren Privilegien beanspruchen kann, schaut durch die Finger.

Die Standortbilanz bei den Großunternehmen fällt hingegen deutlich besser als ständig kolportiert aus, wenn man Steuern UND Förderungen gemeinsam betrachtet.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

10.01.2019

Heute:

Steuern gerecht reformieren? – Ja, Kamma!

Die Bundesregierung geht also auf Klausur, um eine Steuerreform durchzuführen. Die Frage, die sich alle dabei stellen lautet: Wem nützt es?

Die Regierung hat eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen, eine Absenkung der Körperschaftssteuern und eine Digitalsteuer angekündigt. Schauen wir uns das im Detail an:

1. Gerechtigkeit für Geringverdienende

Von der Steuerreform soll grundsätzlich profitieren, wer Lohn- oder Einkommensteuer zahlt. Das ist derzeit ab einem Einkommen (nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen) von 11.000.- Euro pro Jahr der Fall. All jene Menschen, die mit weniger als 1.000.- Euro im Monat auskommen müssen, würden leer ausgehen. Für diese Gruppe, die eine Entlastung am meisten benötigt, sind stattdessen die Sozialversicherungsbeiträge relevant.

Wir schlagen deshalb vor, alle Einkommen bis 12.000.- Euro pro Jahr von allen Abgaben (also Steuer und Sozialversicherung) zu befreien, wobei der volle Anspruch auf Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gegeben sein soll. Damit wären 1.000.- Euro pro Monat brutto für netto als Basis für alle hergestellt.

Gleichzeitig entlastet diese Systematik auch alle Einkommen über dieser Freigrenze und damit haben alle einen Vorteil.

2. Absenkung der Körperschaftschafts-Steuer als Zuckerl für Großbetriebe?

Barbara Teiber (gpa) rechnet vor: »Etwa fünf Prozent der gewinnstärksten Kapitalgesellschaften zahlen etwa 80 Prozent des KöSt-Aufkommens. Eine allgemeine Senkung der Körperschaftssteuer würde daher nur den Wirtschaftseliten zu Gute kommen.« Gerecht ist das nicht. Und es hilft wieder einmal nur den stets von der Regierung und der Wirtschaftskammer bevorzugt bedienten Großbetrieben.

Peter Michael Lingens weist im aktuellen Falter auch darauf hin: Falsch sei die Behauptung von ÖVP-Wirtschaftskammerpräsidenten Mahrer, dass eine Senkung der KöSt mehr Investitionen auslöse und somit für alle gut sei, weil damit die Wirtschaft angekurbelt werde.

Die Zahlen der Vergangenheit beweisen nämlich das Gegenteil. Seit den 90er-Jahren wurde die KöSt sukzessive von 34 auf 25 Prozent abgesenkt. Die Investitionsquote ist aber trotzdem von 25,9 auf 22,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesunken. Es wird nämlich übersehen, dass Investitionen nur dann getätigt werden, wenn Aussicht auf höhere Umsätze besteht. So lange aber die Bevölkerung keine Reallohnsteigerungen erlebt (de facto stagnieren die Reallöhne), kann kein größerer Absatz erwartet werden. Eine Senkung der KöSt nützt also bestenfalls den Bilanzen der Großkonzerne: Eigentlich ganz logisch und ein Armutszeugnis für Mahrer als Chef einer Organisation, die für alle Unternehmerinnen und Unternehmer da sein sollte.

3. Digitalsteuer als Nebelgranate

Meine Erwartungshaltung ist – offen gesagt – gering. Die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, dass Kanzler Kurz und Co. wenig Energie entwickeln, wenn es darum geht, sich mit internationalen Konzernen anzulegen.

Der Rückzug bei der Finanztransaktionssteuer und der schwache Einsatz für eine europäische Lösung bei der Einführung einer digitalen Betriebsstätte samt dazugehöriger Besteuerung lässt vermuten, dass hier wieder einmal Symbolpolitik betrieben wird.

Für einen PR-Auftritt wird es aber schon reichen – und als geschicktes Ablenkungsmanöver zur Vertuschung der GroßspenderInnen-Bevorzugung durch die KöSt-Absenkung.

Tatsache ist, dass die Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen und die gewaltigen Zuwächse bei den Online-Handelsriesen dringend eine Änderung der Abgabensystematik erforderlich machen. Die Besteuerung der digitalen Betriebsstätte ist dafür die ehrlichste und effektivste Variante. Im Alleingang kommen Kurz und Parteifreund Mahrer dabei aber nicht sehr weit.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

20.12.2018

Heute:

Weihnachts-gedanken

Konsumrausch & Geiz-ist-geil-Mentalität versus Sonntags-Öffnungszeiten

Shopping rund um die Uhr wünscht sich der Wiener Handel in diesen Tagen. Die Konkurrenz durch den Onlinehandel, wo 24/7 bestellt werden kann, macht es angeblich erforderlich: Auch in Wien soll man in allzeit geöffneten Shoppingmeilen – getarnt als Tourismuszonen – einkaufen können.

Zur Weihnachtszeit wird der Druck dann besonders groß. Der Handel gerät in Panik vor der eigenen Courage, die zu absurden Werbeslogans wie «Geiz-ist-geil» geführt hat. Denn das wechselseitige herunterlizitieren im Preiskampf macht die Gewinnmargen so klein, dass jedeR um die KundInnen ringt.

Dabei wäre die Situation für alle Beteiligten doch viel befriedigender, wenn KundInnen zum Beratungsgespräch ins Geschäft um die Ecke gehen und genau das richtige Produkt zu einem für beide Seiten fairen Preis kaufen. Statt unzähliger Fehlkäufe wegen schlechter Produktbeschreibungen im Internet und Abfallproduktion weniger, dafür aber klug Ausgewähltes einzukaufen, ist doch viel schöner. Und nebenher geht sich auch noch ein nettes Gespräch mit den Geschäftsleuten aus.

Wenn wieder Wertschätzung für die Leistung der Kaufleute entsteht, wenn Bewusstsein für Produktqualität und Verständnis für den Wert regionaler Wirtschaftskreisläufe vorhanden ist, wird es auch leichter sein die wichtige Erholungszeit am Wochenende aufrecht zu erhalten.

Lieber erst am Montag im Geschäft einkaufen, statt am Dienstag den sonntäglichen Fehlkauf aus dem Internet zum Retournieren zur Post tragen.

Frohe Weihnachten!

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

4.12.2018

Heute:

Zeit für Utopien!

«Wenn wir die Welt verändern wollen, müssen wir unrealisitisch, unvernünftig und ungehörig sein», sagt Rutger Bregman in seinem Buch „Utopien für Realisten.“ Zeit für Utopien! Denn Systeme, die nur auf Wachstum und Ausbeutung der Ressourcen basieren, haben keine Zukunft. 

Wir brauchen eine Wirtschafts- und Lebensweise, die auf einen sorgsamen Umgang mit dem Planeten setzt. Auf Achtung der Menschenwürde und Gemeinwohlorientierung. Und natürlich muss Umwelt- und Klimaschutz beim wirtschaftlichen Handeln mitgedacht werden! Gerade jetzt, wo der Klimagipfel in Katovice startet, ist es Zeit eine Utopie zu zeichnen, die die Grenzen des Planeten einhält.

Wie schaut also meine Utopie aus?

  • Wir leben in einem Europa ohne Wohlstandsgefälle, das ein gemeinsames Verständnis entwickelt hat.
  • Vielfalt wird nicht mehr diskutiert und ist – genau wie Inklusion aller Menschen – zur Selbstverständlichkeit geworden.
  • Die Energieversorgung findet ausschließlich durch erneuerbare Energien statt. Ihr Ausbau wurde unter Rücksichtnahme auf Ökosysteme durchgeführt.
  • Die Verkehrswende ist abgeschlossen. Wir fahren weitestgehend mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad und gehen viel zu Fuß. Wenn es notwendig ist mit dem Auto zu fahren, nutzen wir Fahrzeuge gemeinsam und setzten auf umweltfreundliche Antriebssysteme.
  • Unsere Lebensmittel werden ausschließlich biologisch angebaut. Der Fleischkonsum ist zurückgegangen.
  • Politisches Engagement und die Teilnahme an demokratischen Entscheidungsprozessen gehören zum Alltag.
  • Kinder gehen gerne in die Schule, wo sie gemäß ihren Talenten gefördert werden. Die lebenslange Weiterbildung ist eine öffentliche Aufgabe und wird in allen Lebenslagen gefördert.

Und die Wirtschafts- und Arbeitswelt?

  • Wir haben uns freigespielt von monotonen, körperlich anstrengenden Arbeiten – das erledigen für uns Maschinen.
  • Die verbleibende Arbeit haben wir gleichmäßig verteilt.
  • Auch die Gewinne werden fair verteilt, dafür gibt es u.a. auch ein Grundeinkommen für alle Bürgerinnen und Bürger.
  • Die frei gewordene Zeit nützen wir für ehrenamtliches Engagement, kreative, innovative Prozesse, Fortbildung, die Pflege sozialer Beziehung mit z.B. den Kindern, PartnerInnen, SeniorInnen
  • Und es ist auch erlaubt faul zu sein ohne schief angeschaut zu werden.

Die Konzepte der Grünen Wirtschaft unterstützen den Weg dorthin! Unsere Ideen sind innovativ, vorausdenkend und dienen dem Wohl aller – den UnternehmerInnen, den Beschäftigten, der Gesellschaft. Und sie schützen den Planeten. Gehen wir den Weg in die Zukunft gemeinsam! Gemma’s an!

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

15.11.2018

Heute:

Warum Regional-wirtschaft gut tut

«Alles schreit nach Internationalisierung und Exportwirtschaft. Dabei gibt es zigtausende UnternehmerInnen, die hier in Österreich ihr Unternehmen haben. Sie sind es, die trotz aller Aufmerksamkeit der Medien und Politik auf  die Global Player Arbeitsplätze sichern, die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen und mit kurzen Transportwegen ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Regionales Wirtschaften fördert außerdem die sozialen Beziehungen. Und was tut die Politik für sie? Wir von der Grünen Wirtschaft sagen: Viel zu wenig!

Es braucht für die vielen österreichischen UnternehmerInnen Ramenbedingungen, die es möglich machen, gut funktionierende Wirtschaftsstrukturen aufrecht zu erhalten. Oder sie zu schaffen, wo notwendig. Dazu gehören zum Beispiel die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe, Ressourcenschonung und eine Wertschöpfung, die in der Region bleibt. Nur so wird innovatives und erfolgreiches UnternehmerInnentum ermöglicht.»

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft

Sabine Jungwirth besucht JMB Fashion in Feldbach
Auf Tuchfühlung: Sabine Jungwirth besucht den nachhaltigen Modehersteller JMB Fashion in Rohr an der Raab