Verwässern, Verhindern und Verzögern

Der Faktencheck der Grünen Wirtschaft nimmt kursierende Mythen aus dem Kosmos der österreichischen Wirtschaft und stellt sie auf den Prüfstand.
In dieser Ausgabe widmen wir uns der Wirtschaftskammer.

Mythos:

Die Wirtschaftskammer bekennt sich zu den Klimazielen.

Fakt:

Die Wirtschaftskammer steht immer in erster Reihe, beim Verwässern, Verhindern und Verzögern von ambitionierten Maßnahmen gegen den Klimawandel.

Harald Mahrer und Karlheinz Kopf vom ÖVP-Wirtschaftsbund, die die Spitze der Wirtschaftskammer bilden, stehen in erster Reihe, wenn es darum geht, konkrete Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern. Ob in parlamentarischen Stellungnahmen, durch die Finanzierung von Schein-NGOs oder anderen Vereinen, die sich gegen ernsthafte Klimapolitik stemmen, vor allem aber über den Einfluss, den die vom ÖVP-Wirtschaftsbund dominierte Wirtschaftskammer auf die ÖVP hat: Die Wirtschaftskammer verhindert, verzögert und verwässert[1].

Sehen das nur wir so?

Nein, ganz und gar nicht. Das Austrian Panel on Climate Change (APCC), das als österreichisches Pendant zum Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gegründet wurde, kommt in einem Bericht[2] zu folgendem Schluss:

„Aufgrund ihrer inhaltlichen und institutionell-personellen Nähe zur Langzeit-Regierungspartei ÖVP verhindert die Wirtschaftskammer nach wie vor klimapolitische Maßnahmen in den meisten relevanten Sektoren“ (p. 397)

Und weiter:

„Aktuelle Wortmeldungen und Lobbying-Initiativen zeigen, dass besonders die Wirtschaftskammer unverändert entschlossen am Zeitalter fossiler Energien festhält.“ (ibid.)

Auch das österreichische Institut für Höhere Studien (IHS) hat der Wirtschaftskammer im Bereich der Klimapolitik kein gutes Zeugnis ausgestellt: In der im Rahmen eine Studie erstellten „Klimawandel-Landkarte Österreichs“[3] wird die Wirtschaftskammer ganz deutlich im Bereich derjenigen Institutionen geortet, die großes oder gar sehr großes Interesse am Status quo haben.

Aber lassen wir die Kammerspitzen doch selbst zu Wort kommen:

Die Verschärfung der EU-Klimaziele seien ein „Hammer, wenn es darum geht, Europa im globalen Wettbewerb zu stärken“, so WK-Präsident Harald Mahrer in einer Aussendung[4],  Generalsekretär Karlheinz Kopf hält sie für „überzogen“ und „zu ambitioniert“[5]  Selbiger bezeichnete eine Erhöhung der Mineralölsteuer als Teil des Entwurfs zum Klimaschutzgesetz als „ideologiegetriebene Bestrafungsfantasie“[6] und Präsident Mahrer hat stolz verkündet, „die Abschaffung des Dieselprivilegs wegverhandelt“[7] zu haben.

Was macht die ÖVP mit ihrem Vehikel Wirtschaftskammer Österreich sonst noch?

Die WKO finanziert direkt oder indirekt eine ganze Reihe von Instituten, Vereinen und Arbeitsgruppen[8], die formal nicht zur WKO gehören, aber personell oder finanziell eng mit ihr oder dem ÖVP-Wirtschaftsbund verbunden sind. Diese Schein-NGOs[9] und Vereine machen auf den ersten Blick den Eindruck, als würden sie am Erreichen der Klimaziele arbeiten und die Klimawende voranbringen wollen. Was sie aber in Wahrheit tun: Sie verdrehen den Diskurs im Sinne der fossilen Haltung der Wirtschaftskammer und rechtfertigen mit zum Teil fragwürdigen Studien und Öffentlichkeitsarbeit das Festhalten am Status Quo.

Zusammenfassung:

Die vom ÖVP-Wirtschaftsbund dominierte Wirtschaftskammer wird zwar nicht müde zu betonen, dass sie hinter den vereinbarten Klimaziele steht. Tatsache ist: Die WKÖ ist die Institution, die am ehrgeizigsten alle Maßnahmen zum Klimaschutz verzögert oder gar verhindert, durch Schein-NGOs den Diskurs verwässert und die Interessen der großen, fossilen Unternehmen vertritt.

 

Quellen:

[1] https://www.moment.at/story/wirtschaftskammer-industriellenvereinigung-klima/

[2] https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-662-66497-1_16?pdf=chapter%20toc

[3] https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/5895/1/2021-abstiens-gangl-karmasin-et-al-die-klimawandel-landkarte-oesterreichs.pdf

[4] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200916_OTS0215/wkoe-spitze-zu-von-der-leyen-rede-europa-medizinisch-und-wirtschaftlich-wieder-gesundmachen

[5] https://www.derstandard.at/story/2000122329635/wirtschaft-vs-wirtschaft-im-klimaschutz-wko-und-unternehmen-sind-uneins

[6] https://www.derstandard.at/story/2000126158638/der-riesen-elefant-im-raumklimaforscher-latif-bei-martin-thuer-in

[7] https://kurier.at/politik/inland/mahrer-wir-haben-die-abschaffung-des-dieselprivilegs-wegverhandelt/401759742

[8] https://www.gruenewirtschaft.at/wk-glasklar/das-netz-der-wirtschaftskammer/

[9] https://www.falter.at/zeitung/20240326/klimaschutz-pragmatisch-der-umstrittene-thinktank-oecolution-im-portraet