Der demografische Wandel führt zu Reformen – mit wirtschaftlichem Verstand und ohne rechte Parolen. Eine Erfolgsgeschichte.

Das magdas HOTEL in Wien ist ein besonderes Haus. Hier arbeiten Menschen aus aller Welt, die aus ihren Herkunftsländern geflohen sind. „Für Menschen mit Fluchthintergrund ist es in Österreich schwer, Arbeit zu finden. Nach oft jahrelangem Warten auf den Asylbescheid, ohne den sie nicht arbeiten dürfen, erschweren Sprachbarrieren und Vorurteile die Integration“, sagt Hoteldirektorin Gabriela Sonnleitner. „Wir geben ihnen die Möglichkeit, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und bilden junge Menschen in drei Hotellerie- und Gastronomieberufen aus.“

Was fehlt

Viele Branchen suchen händeringend nach Arbeitskräften. Doch denen, die arbeiten wollen, werden Steine in den Weg gelegt. Für Asylwerber:innen etwa ist die rechtliche Lage so strikt, dass es ihnen quasi verunmöglicht wird, eine Lehre zu beginnen – selbst in Mangelberufen.

Die Regeln zum Arbeitsmarktzugang stammen aus einer Zeit, als es zu viele Arbeitskräfte und zu wenige Arbeitsplätze gab. Der demografische Wandel hat die Lage auf den Kopf gestellt: Prognosen der WKO zufolge fehlen hierzulande bereits jetzt über 200.000 Arbeitskräfte; im Jahr 2040 werden es 360.000 sein. Ohne die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland droht dem Wirtschaftssystem der Kollaps.

Anderen europäischen Ländern geht es ähnlich. Der globale Wettlauf um die Arbeitskräfte der Zukunft hat längst begonnen. Doch viele Menschen aus Ländern wie Indien oder Indonesien, die gerne in Österreich arbeiten würden, bekommen keine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis.

Aus Angst vor rechter Stimmungsmache stemmt sich der ÖVP-Wirtschaftsbund gegen sinnvolle Reformen des Arbeitsmarkts, die Menschen aus dem Ausland mehr Chancen einräumen würden.

Die absurdesten Fälle sorgen auch medial für Aufsehen: In Haslach in Oberösterreich wurden eine Mutter und ihre Tochter nach Indien abgeschoben, obwohl erstere als Köchin und zweitere als Pflegekraft in Ausbildung arbeiteten und seit Jahren in Österreich integriert waren.

Umdenken

„Solche Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Derzeit schließen wir Menschen aus, die mit ihrer Arbeit etwas beitragen wollen, statt ihnen die Türen zu öffnen. Wir brauchen dringend ein Umdenken“, sagt der Tiroler Hotelier Georg Kaltschmid. Kaltschmid ist Mitglied im Vorstand der Grünen Wirtschaft. „Wir fordern eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Card und ein Chancen-Visum, mit dem Bewerber:innen für drei Monate einreisen und sich am Arbeitsplatz beweisen können.“ Und: „Formale Abschlüsse, wie sie das derzeitige System verlangt, gibt es außerhalb der EU oft nicht – und sie sind oft nicht notwendig. Wenn wir eine Beiköchin aus Serbien nicht hier arbeiten lassen, weil sie keine Gastronomie-Schule abgeschlossen hat, schadet das ihr und uns“, betont Kaltschmid.

Gabriela Sonnleitner magdas Hotel
Gabriela Sonnleitner, Geschäftsführerin des magdas HOTEL © Philipp Horak

Dass es besser geht, zeigt das magdas HOTEL jeden Tag. „Wir glauben an die Potenziale der Menschen“, sagt Gabriela Sonnleitner. „Und unsere Erfahrungen seit unserer ersten Hoteleröffnung im Jahr 2015 bestärken uns tagtäglich darin. Inzwischen haben bei uns mehr als 90 Menschen mit Fluchthintergrund ihre Karriere gestartet.“