900 m² erobern das Stuwerviertel
Von 3D-Drucker über CNC-Fräse bis Laser Cutter. Im Happylab Wien im Stuwerviertel findet man alles was das moderne Maker Herz höher schlagen lasst.
Das Happylab ist ein so genannter Makerspace – also eine offene Werkstatt, in der Mitglieder rund um die Uhr an verschiedensten Maschinen ihre Ideen und Projekte umsetzen können. Unterstützung finden Mitglieder nicht nur vor Ort, sondern auch durch zahlreiche Workshops.
Leyla Jafarmadar aus dem Happylab ist seit knapp zehn Jahren für die Kommunikation des Makerspace zuständig. Maria Schönswetter hat sich mit ihr getroffen und ihren großen Wissensdurst zum guten Funktionieren des Co-Werkstatt-Space gestillt.
Seit wann gibt es das Happylab und was ist das Konzept?
Das Happylab ist ein so genannter Makerspace – also eine offene Werkstatt, in der unsere Mitglieder rund um die Uhr an verschiedensten Maschinen ihre Ideen und Projekte umsetzen können. Wir unterstützen sie dabei und sind selbst immer wieder begeistert, welche coolen – durchaus auch verrückten – Ideen bei uns realisiert werden. Den ersten Happylab Standort haben wir 2006 eröffnet, damals noch in einem finsteren, kleinen Kellerlokal im 20. Bezirk. Über die Jahre haben wir uns sehr stark weiterentwickelt und sind nach einigen weiteren Stationen im Frühling 2021 in unserem neuen, großen Standort auf 900 m2 im Stuwerviertel gelandet.
Was gibt es bei euch zu entdecken und wer sind eure Nutzer:innen?
Bei uns gibt es einerseits digitale Produktionsmaschinen wie 3D-Drucker, Laser Cutter und CNC-Fräsen, aber auch Handwerkzeuge, die nach einer Sicherheitseinweisung selbstständig genutzt werden können. Uns war es von Anfang an wichtig, ein offener Makerspace für ALLE zu sein – egal, ob du als Hobbybastler:in, Start-up, Student:in oder Forscher:in zu uns kommst. Dementsprechend divers ist auch unsere Gruppe an Nutzer:innen – mittlerweile setzen über 1.500 Mitglieder regelmäßig ihre Projekte bei uns um.
Wer bist du und für welche Arbeitsbereiche bist du im Happylab verantwortlich?
Mein Name ist Leyla Jafamadar. Ich arbeite mittlerweile seit zehn Jahren im Happylab und bin zuständig für die Kommunikation und die Umsetzung vieler unserer Projekt- und Forschungsarbeiten auf nationaler und europäischer Ebene. Noch während meines Studiums habe ich 2013 begonnen im Happylab zu arbeiten und bin nach meinem Studienabschluss geblieben. Es sind die vielen Maker:innen mit ihren Geschichten und ihren Ideen, die mich immer wieder aufs Neue faszinieren und beeindrucken. An meinem Job schätze ich vor allem die Vielfalt an unterschiedlichen, sehr abwechslungsreichen Projekten, die wir hier umsetzen.
Wie kommt man auf die Idee einen Makerspace zu schaffen?
Die beiden Gründer, Karim Jafarmadar und Roland Stelzer, haben 2006 gemeinsam an einem Forschungsprojekt gearbeitet. Ihr Ziel war es, ein vollautonomes Segelboot zu bauen, das den Atlantik überqueren sollte. Dafür haben sich die beiden eine Reihe von Maschinen angeschafft, als Erstes eine kleine CNC-Fräse und einen Laser Cutter. Schnell kam die Idee auf, die eigene kleine Werkstatt – damals noch in einer unscheinbaren Garage im 20. Bezirk – für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und so auch anderen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen mit CNC-Fräse, Laser Cutter & Co. zu verwirklichen. Ohne es zu wissen, gründeten die beiden damals den ersten Makerspace in Österreich und waren damit europaweit Pioniere der Maker-Szene.
Wie finden neue Maker:innen zu euch in den Makerspace und welche Veranstaltungen werden von euch angeboten?
Durch unseren Umzug ins Stuwerviertel und die Erweiterung unseres Angebots in Hinblick auf Holz- und Metallbearbeitung haben wieder viele neue Leute zu uns gefunden, was uns natürlich sehr freut. Wir organisieren regelmäßig kleinere Events bei uns im Makerspace, wie zum Beispiel den „Maker Start-up Day“ im März 2023 oder den „Female Maker Month“, mit denen wir gezielt neue Zielgruppen ansprechen. Außerdem sind wir immer wieder als Aussteller auf größeren Veranstaltungen zu finden, wie z.nB. der Maker Faire Vienna.
Der »Female Maker Month«, der im Mai 2022 das erste Mal stattgefunden hat, ist für Frauen only gedacht. Was gibt es da zu entdecken und auszuprobieren?
Frauen in Handwerksberufen sind nach wie vor unterrepräsentiert. Viele haben Scheu davor, mit großen Maschinen zu arbeiten. Mit dem Female Maker Month haben wir erstmals gezielt Workshops ausschließlich für Frauen* angeboten. Auf dem Programm stand unter anderem Schweißen, Möbelbau und Fahrradreparatur. Seit letztem Jahr gibt es in regelmäßigen Abständen einen Female-Maker-Stammtisch, zu dem alle Frauen* herzlich eingeladen sind.
Die Maker Faire findet nun endlich wieder statt. Ihr organisiert diese großartige „Macher:innen Messe“ schon von Anfang an mit. Was waren bisher eure Highlights und was treibt euch an, dieses riesengroße Event jährlich zu organisieren?
Wir haben die Maker Faire 2016 zum ersten Mal nach Wien geholt, weil es uns ein großes Anliegen war, der Makerszene – diesem bunten Haufen an Tüftler:innen und Kreativen – eine große Bühne zu bieten. Im Juni 2023 findet die Veranstaltung nach drei Jahren pandemiebedingter Pause endlich wieder statt. Highlights gab es bisher viele – von so außergewöhnlichen Projekten wie einer Roboter-Band oder einem Fruchtgummi-3D-Drucker bis hin zu Workshops für Kinder, die naturwissenschaftliche Themen auf spannende Weise näher bringen. Das größte Highlight sind aber immer die strahlenden Gesichter der kleinen und großen Besucher:innen, die wir mit der Veranstaltung hoffentlich dazu inspirieren können, selbst Dinge auszuprobieren und zu Maker*innen zu werden.
Was würdet ihr euch von der Politik wünschen, um eure Arbeit leichter und das Angebot zu noch besser zugänglich zu machen?
Der Aufbau eines Betriebs ist mit vielen Behördengängen – Stichwort Betriebsanlagengenehmigung – verbunden. Toll wäre es, wenn innovative Konzepte wie unseres nicht durch zu viel Bürokratie ausgebremst, sondern stattdessen mehr unterstützt werden. Wir planen derzeit z. B. eine Photovoltaik- Anlage auf unserem Dach und da wir nicht Eigentümer:in des Hauses sind, sehen wir uns auch hier mit großen bürokratischen Hürden konfrontiert.
Woher kommen die Maker: innen? Hat sich seit eurem Umzug ins Stuwerviertel das Klientel verändert?
Der Großteil unserer Mitglieder kommt sicherlich aus dem 2. Bezirk und den angrenzenden Bezirken. Da wir mit unserem Angebot in Wien einzigartig sind, ist aber die ganze Stadt unser Einzugsgebiet und immer wieder kommen sogar Menschen extra aus anderen Bundesländern angereist, um unsere Maschinen zu nutzen. Durch die Erweiterung unseres Angebots am neuen Standort im Stuwerviertel, nutzen auch immer mehr Start-ups und Gründer:innen das Happylab für ihre beruflichen Projekte.
Was macht das Stuwerviertel für euch aus und gibt es Kooperationen vor Ort?
Wir fühlen uns im Stuwerviertel sehr wohl, es gibt hier einige Handwerksbetriebe, wie die Ledermanufaktur, in direkter Nachbarschaft. Mit der Gebietsbetreuung haben wir schon gemeinsam Projekte im Bezirk umgesetzt und sind dadurch im Grätzl gut vernetzt. Super am Stuwerviertel ist auch die zentrale Lage und die gute Verkehrsanbindung, so dass wir für unsere Mitglieder gut erreichbar sind.
Was entsteht im Happylab und wozu wird die Ausstattung genutzt?
So wie unsere Mitglieder sind auch die Projekte, die bei uns umgesetzt werden, sehr breit gefächert. Studierende bauen bei uns ihre Architekturmodelle, Designer:innen produzieren ihre Schmuckkollektionen, Start-ups bauen an ihren ersten Prototypen und natürlich gibt es viele Hobbybastler:innen, die einfach Spaß am Basteln und Tüfteln haben. Seit Jänner 2023 bieten wir einmal im Monat ein kostenloses Reparatur Café an, bei dem gemeinsam kaputte Kleingeräte repariert werden können.
Welche Arbeitsbereiche deckt ihr mit euren Angeboten ab und wann können die Werkräume genutzt werden?
Als Makerspace haben wir natürlich einerseits einen Fokus auf digitale Produktionsmaschinen – bei uns findet man also viele 3D-Drucker mit verschiedenen Druckverfahren, mehrere Laser Cutter, CNC-Fräsen und Elektronikarbeitsplätze. Darüber hinaus haben wir auch eine Textilwerkstatt mit Nähmaschinen und einer digitalen Stickmaschine, sowie eine vollausgestattete Holz- & Metallwerkstatt für professionelle Tischler- und Schlosserarbeiten. Wenn man bei uns Mitglied wird, kann man das Happylab und unsere Maschinen jeden Tag rund um die Uhr nutzen.
Ihr habt hochprofessionelle Maschinen, die bei euch in den Werkräumen stehen. Wie wird das organisiert, dass jeder und jede weiß, wie damit umzugehen ist?
Ein ganz wichtiger Punkt ist bei uns natürlich die Sicherheit. Die Maschinen im Happylab dürfen erst nach der jeweiligen Einschulung verwendet werden, bei der wir nicht nur die Bedienung Schritt für Schritt erklären, sondern auch auf wichtige sicherheitsrelevante Aspekte eingehen. So stellen wir sicher, dass die Werkzeuge richtig verwendet werden und sich auch niemand verletzt.
Eure Werkstatt ist groß und es gibt viele Geräte. Wer kümmert sich darum?
Wir haben ein kleines, aber tolles Team, das den Betrieb der Werkstatt am Laufen hält. Unsere beiden Lab Manager Lukas Winter und Martin Unterberger haben sich einen großen Wissensschatz rund um digitale Produktion und klassisches Handwerk aufgebaut und geben ihr Wissen sehr praxisnah in unseren Workshops an die Mitglieder weiter. Die beiden führen auch regelmäßige Wartungen und allfällige Reparaturen an unseren Maschinen durch – und machen das großartig!
Welche Herausforderungen muss sich das Happylab stellen und worin liegen diese?
Ein großer Faktor ist bei uns natürlich immer die Finanzierung. Wir halten die Preise unserer Mitgliedschaften so gering wie möglich, um möglichst vielen Menschen den Zugang zu unserer Werkstatt ermöglichen zu können. Die Mitgliedsbeiträge decken deshalb aber nur die Aufrechterhaltung des regelmäßigen Betriebs. Für größere Investitionen, wie neue Maschinen, sind wir auf Förderungen angewiesen.
Das Interview führte Maria Schönswetter.