Im zweiten Teil unserer kleinen Serie über die Lebensmittel unserer Zukunft beschäftigen wir uns mit etwas, das es bereits in der Gegenwart gibt: Food-Coops. Bei der Frage, was denn das ist, hilft uns Wikipedia: „Eine Lebensmittelkooperative (auch oft Food-Coop als Kofferwort aus dem englischen food, “Nahrung”, “Essen”, sowie coop als Abkürzung für “Kooperative“) ist ein Zusammenschluss von Personen und Privathaushalten als Einkaufsgemeinschaft zum gemeinsamen Bezug von Lebensmitteln

Wir haben dazu jemanden gefragt, der sich auskennt: Sabrina Haupt. Stephanie Rank hat mit ihr ein Interview geführt, in dem sie nicht nur die Vorteile beschreibt und so gut aufzeigt, welche Schwierigkeiten überwunden werden müssen, wenn wir alternative Wege gehen.

Was ist das Besondere an einer Food-Coop?

Am meisten schätze ich an Food-Cooperativen den direkten Kontakt mit den Produzent:innen und natürlich auch den Austausch mit gleichgesinnten Konsument:innen. Denkt man das Konzept weiter, dann befinde ich mich im Thema Ernährungssouveränität. Wie kann ein System aussehen, in dem Lebensmittelbeschaffung ganz anders bzw. unabhängig von monopolen Supermarktketten gedacht wird? Eine Food-Coop dient auch dazu, neue Konzepte auszuprobieren oder bereits bestehende Konzepte wie CSA (Community Supported Agriculture) von Landwirt:innen zu unterstützen. 

Ich erinnere mich an einen Milchbauern, der vor der Entscheidung stand aufzuhören oder einen neuen Absatzmarkt zu generieren. Denn so wie es lief, wollte er nicht mehr mitmachen. Also immer mehr zu produzieren und nur mehr auf Masse zu gehen, um auch davon leben zu können. Deshalb ging er auf die Suche nach einem neuen Absatzmarkt, wo er einen fairen Preis für seine Produkte bekommt und nicht expandieren muss.

Über einen befreundeten Bauern, der bereits eine Food-Coop belieferte, knüpfte auch er Kontakt mit der Gruppe und begann, sie mit seinen Produkten zu beliefern.

Was denkst du, motiviert Menschen, sich hier zu engagieren? Was hat dich motiviert?

Da gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Manche wollen gutes »Futter«, andere wiederum sehen in ihrer Mitgliedschaft bei einer Food-Cooperative ein politisches Statement. Gemeinsam haben alle, dass sie hoch qualitative Lebensmittel direkt von den Produzent:innen beziehen möchten. 

Meine Motivation war Zweiteres. 2014 habe ich meinen Nachhaltigkeitsblog ichmachesanders.com gegründet und bin bei Recherchen auf das Konzept Food-Coop gestoßen. Lebensmittel direkt von Produzent:innen zu erhalten hat mich fasziniert und ich wollte unbedingt mitmachen. 2015 war es dann soweit.

Wie ist es dann dazu gekommen, dass du an der Gründung einer Food-Coop beteiligt warst?

Ich wollte Mitglied bei einer im 10. Bezirk werden, jedoch waren die Zeiten der Treffen nicht kompatibel mit meinen Arbeitszeiten. Dann habe ich nach anderen Food-Coops gesucht, die für mich gut erreichbar waren. Die Food-Coop in 1040 hatte keine freien Plätze mehr, hat mich jedoch darauf hingewiesen, dass in 1050 gerade eine neue Food-Coop gegründet wird. So ist es dazu gekommen, dass ich bei der Gründung beteiligt war. 

Was waren so die wesentlichen Herausforderungen, die ihr im Gründungsprozess hattet?

Die größte Herausforderung war, ein geeignetes Lager zu finden. Es gibt dafür mehrere Kriterien: 

  • es muss trocken sein
  • es muss ausreichend groß und im besten Fall barrierefrei sein
  • es braucht einen Wasseranschluss
  • es muss finanzierbar sein

Neben der Lagersuche gibt es noch die Statuten aufzusetzen (dafür gibt es zum Glück schon viele Vorlagen), einen Namen zu finden und den Vorstand zu wählen. Das sind die Punkte, die erfahrungsgemäß die meiste Zeit am Beginn in Anspruch nehmen. 

Gibt es einen rechtlichen Rahmen für Food-Coops? Wo ist die Abgrenzung zum Lebensmittelhandel mit all seinen Auflagen und Vorschriften wie etwa das ganze Thema Hygiene?

Diese Frage kann ich nicht kompetent beantworten. Hierzu bitte bei foodcoops.at nachfragen oder beim Marktamt.

Wie kann man sich ein Engagement bei einer Food-Coop vorstellen? Welchen Zeitaufwand sollte man einplanen?

Jede ist etwas anders. Ich war Mitglied bei drei verschiedenen Food-Coops und im Prinzip waren sie sehr ähnlich. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen (Lager, Finanzen, Produzent:innen, Kommunikation etc.), gewünscht ist von allen Mitgliedern, dass sie in mindestens einer mitarbeiten. 

Der Zeitaufwand ist nicht fix vorgegeben. Somit liegt es im Eigenermessen, wie viel Zeit man investieren möchte oder kann. Ich persönlich hatte den Anspruch »ganz oder gar nicht« – mir war das Thema extrem wichtig. Dementsprechend viel Zeit habe ich investiert. 

Auf jeden Fall sollte man zwei Stunden pro Monat für ein Treffen in der Arbeitsgruppe und je nach Vereinsstruktur, auch eine weitere Stunde pro Monat für das Treffen im Plenum einkalkulieren. Ich habe bis zu fünf Stunden pro Woche für die Mitarbeit in der Food-Coop aufgewendet und drei Produzent:innen betreut (heißt suchen, Bestellung anlegen, eröffnen, kommunizieren, schließen, abschicken, in Empfang nehmen, kontrollieren und freigeben sowie die Rechnung kontrollieren und sicherstellen, dass die Summe bezahlt wird).

Für Mitglieder, die weniger Zeit investieren können, gibt es meist Fördermitgliedschaften. Diese zahlen einen höheren Mitgliedsbeitrag und engagieren sich dafür nicht in einer Arbeitsgruppe. Manche Food-Coops sehen diese Variante jedoch nicht in ihren Statuten vor. 

Für wen denkst du, ist eine Food-Coop besonders ansprechend? Worüber sollte man sich bewusst sein, wenn man bei einer mitmacht?

Eine Food-Coop ist für jene ansprechend, die den gängigen Weg der Lebensmittelindustrie nicht mitmachen möchten und auf der Suche nach einer Alternative sind. Vor allem dann, wenn kein Biogeschäft in der Umgebung ist. Das war bei mir ein zentraler Punkt, warum ich mich sehr intensiv engagiert habe. Und für Personen, die Wert auf gute Qualität legen und Interesse daran haben, wie Lebensmittel produziert werden. Ich wurde immer wieder von Raritäten überrascht, die beim Gemüse oder Obst angeboten wurden. Das waren meine persönlichen Highlights 🙂 

Bewusst sein sollte man sich darüber, dass es ein Verein ist und es wie in jedem Verein auch Herausforderungen gibt. Zum Beispiel, dass sich nicht alle Mitglieder im selben Ausmaß engagieren (können). Das Mitmachen bedeutet Arbeit und das nicht wenig, wenn das Werkel rennen soll. Auch sollte man sich darüber bewusst sein, dass nicht alle Produkte jederzeit verfügbar sind und man z. B. das Gemüse – je nach Lieferant:in – abwiegen muss. Ein „schnell ins Lager, einpacken und wieder raus“ spielt es nicht. Abwiegen, einen Kürbis aufteilen etc. muss einkalkuliert werden. Das überrascht viele und ist einigen dann schlussendlich doch zu aufwändig. 

Was hat dich schlussendlich dazu bewogen, aus der Foodcoop auszutreten?

Es waren mehrere Gründe, die mich dazu bewogen haben, aus meiner (der dritten und letzten) Food-Coop auszutreten. Einerseits habe ich den Anschluss an die Gruppe nicht so gefunden, wie ich ihn mir gewünscht hatte. Das war auch nicht einfach, weil wir während der Coronapandemie gestartet haben. Physische Treffen waren kaum möglich. Zusätzlich hat sich beruflich bei mir etwas geändert und ich wusste, ich kann nicht mehr die Zeit investieren, wie ich es gewohnt war. Und als letzter und ausschlaggebender Punkt kamen gesundheitliche Gründe (diverse Unverträglichkeiten) dazu, weshalb ich sehr viele Food-Coop Produkte nicht mehr beziehen konnte. Das ging sich mit meinem Anspruch, möglichst viel Zeit zu investieren, um möglichst alle Produkte von der Food-Coop zu beziehen, dann schlussendlich nicht mehr aus. Deshalb dann der Entschluss, meine Food-Coop Ära gehen zu lassen und meinen Fokus auf etwas Neues auszurichten.

Was hast du dir aus dieser Zeit mitgenommen?

Ich habe ganz viele Kontakte zu spannenden Produzent:innen mitgenommen. Und am Ende auch, dass es gut ist, etwas ziehen zu lassen. Ich möchte meine fünf Jahre, in denen ich bei diversen Food-Coops mitgearbeitet habe, nicht missen. Aber nun hat sich mein Fokus verändert und das ist gut so.