Grätzl-Oase

Grätzl-Werk-Stadt NO. 2: Interview mit Maria Schönswetter

 

Maria Schönswetter betreibt seit sechs Jahren das Kamakoma in der Hernalser Hauptstraße. Maria ist nicht nur ein sehr engagiertes Mitglied der Grünen Wirtschaft, auch die Lebendigkeit ihres Viertels ist ihr ein wichtiges Anliegen.

 

Da lag es nahe, einmal eine Grätzeloase zu testen. Sie hat einiges zu berichten. Im Rahmen unserer AG Grätzelwirtschaft stellen wir Best Practice Beispiele vor, um dir die Möglichkeit zu bieten, von den Erfahrungen anderer zu lernen. Maria erzählt im Interview, wie eine Grätzel Oase funktioniert, welchen Einsatz sie erfordert und was sie ihr und ihrem Grätzel gebracht hat.

Maria Schönswetter, was ist eigentlich eine Grätzel Oase?

Eine Grätzl Oase kann sehr vieles sein. Ein wichtiges Kriterium ist, dass sie öffentlich zugänglich ist und sie von allen Stadtbewohnern genutzt werden kann. Es können kurzweilige Projekte und Aktionen, Straßen- u. Grätzlfeste sein. Gemeinsames Lernen oder auch gemeinsame Essen stehen am Programm. Bei Einzelunternehmerinnen sind Parklets auf Grund der Kompaktheit recht beliebt.

Hast du bereits einer Grätzl Oase eingereicht und aufgestellt?

Im Sommer 2017 haben Tehilla Gitterle (Linusch/Mode) und ich zu zweit eine Parklet für die Hernalser Hauptstraße 49 eingereicht, das „Fenster zum blühenden Hernals“. Als Einzelunternehmerinnen setzen wir uns sehr für die Belebung in unserem Geschäftsviertel ein.

Was ist ein “Parklet”?

Darunter versteht man einen Schanigarten ohne Konsumzwang, der nach Geschmack und Verwendung gestaltet werden kann. Er ist meist zwei bis drei Autolängen groß und befindet sich auf der Fahrbahn oder dem Parkstreifen. Sie werden begrünt und bieten Platz zum Sitzen, zum Lernen oder einfach zum Verweilen und Ausruhen vorgesehen.

Was waren für dich ausschlaggebend, um ein Parklet einzureichen?

Ich wurde darum gebeten. (lacht) Der 17. Bezirk scheint wenig attraktiv, der Leerstand in der Erdgeschosszone ist in manchen Abschnitten immens, deshalb er ist auch für neue Unternehmer*innen wenig verlockend.

Viele kleine Projekte beleben unser Viertel und tragen aber zu dessen Weiterentwicklung bei. Sie sind es, die trotz allem Ansiedelungen neuer Betriebe und Unternehmer*innen ermöglichen. Etwas fürs Grätzl zu machen, um es weiter zu beleben, das war meine Motivation!

Wie viel Wissen erfordert die Einreichung, wer kann einen dabei unterstützen?

Es gilt einiges zu beachten. Am besten wendet man sich an jemanden, der oder die bereits eine Grätzl Oase (GO) eingereicht und umgesetzt hatte. Das Thema der Grätzl Oase ist da aber auch sehr dahinter und stellt Infos für Neueinsteiger*innen zu Verfügung. Es gibt Gruppentermine, Schwerpunktveranstaltungen, Vernetzungsmöglichkeiten.

Wie lange dauert die Einreichung?

Die Einreichung selbst dauert ca. 30 Minuten, es gibt ein Formular zum Downloaden. Die Vorarbeit kann schon fünf bis zehn Stunden betragen. Es braucht eine Idee, ein geschriebenes Konzept und eine Kostenkalkulation. Das ist noch nicht alles! Es braucht ein gutes Team und eine Person, die sich planungstechnisch auskennt und auch das Projekt umsetzten kann.

Wie viele Personen waren an diesem Projekt beteiligt?

Sehr viele Leute waren involviert und wurden informiert und konnten teilnehmen und mitmachen.

Neben uns beiden [Tehilla Gitterle und Maria Sulzer, Anm. der Redaktion] als Hauptverantwortliche haben ganz viele Menschen aus der Umgebung mitgeholfen. Unternehmer, Mitarbeiter und Freiwilligenhelfer aus dem Hilfswerk dem Nachbarschaftszentrum, Hausbewohner, Leute aus der angrenzenden Food Coop und Mitglieder der Bezirks Grünen.

Es waren bestimmt über 50 Leute, die angepackt haben, und da darf man auch die Akteur*innen und Programmgestalter*innen nicht vergessen. Wir haben drei Monate regelmäßig Programm angeboten, da kommt schon was zusammen. 

Was war deine Aufgabe?

Gerade bei so vielen Ideen und bei so vielen Beteiligten braucht es eine Hauptkoordinatorin. Das nimmt viel Zeit in Anspruch, unbezahlte Zeit.

Die komplette Planung, Organisation und Abrechnung ist bei mir zusammengelaufen. Wenn man da die Zeit zusammenzählt von der Vorarbeit bis zur tatsächlichen Betreuung des Projektes und dann auch noch die Nachbearbeitung habe ich knapp zehn Monate mit diesem Projekt beschäftigt.

Wie wurde die Nachbarschaft eingebunden und wie hat sie reagiert?

Wir haben Plakate und Flyer entworfen, um auf unsere Pläne aufmerksam zu machen. Mit vielen haben wir darüber gesprochen und sie animiert, bei den Aktivitäten dabei zu sein. Jede und jeder durfte an allen Aktivitäten teilnehmen.

Welche Veranstaltungen habt ihr umgesetzt?

Wir haben Buttons mit dem Einkaufsstraßenverein gepresst, Kaffee getrunken und geplaudert, Stoffdruckworkshops gemacht, eine Musik Jam Session veranstaltet, ein Live DJ-Set auf die Beine gestellt. Wir haben ein Frühstück mit der Nachbarschaft organisiert, wir haben eine Abfallexpertin eingeladen und einen Mini-Wissensworkshop angeboten. Es wurde sogar ein Fotoworkshop abgehalten.

Wie war die Teilnahme?

Bei allen Veranstaltungen sind viele Leute gekommen! Nicht nur Leute, die wir eingeladen haben, viele haben anders davon erfahren, einige sind spontan stehen geblieben. Untertags haben es nach und nach immer mehr Fußgänger dazu benutzt, um sich auszuruhen, Mittagspause zu machen oder auch ihre Kinder zu wickeln. Es war schon viel los in unserer Oase – dem „Fenster zum blühenden Hernals“!

Was hat dir besonders gut gefallen?

Mir hat es besonders gut gefallen, die Leute dabei zu beobachten, wie sie sich ihren persönlichen Zugang zu dem Objekt geschaffen haben. Das langsame Heranschleichen, das immer wieder nur daran Vorbeigehen, das ruckartige Hinsetzen, das plötzliche Aufspringen, sobald jemand anderer kam. Richtig schön war mit anzusehen, wenn drei im Parklet saßen – in jeder Ecke einer.

Kannst du dir vorstellen, das Projekt zu wiederholen?

Es war ein tolles Projekt keine Frage, aber in diesem Ausmaß nicht.

Natürlich haben ganz viele Menschen davon profitiert und wir haben mit der Oase, den Streckabschnitt unserer Gasse stark aufgewertet und gemütlich gemacht. Wir alle haben sehr viel Zeit und Hingabe investiert und es war auch eine sehr erfolgreich, d.h. gut besuchte Oase!

Das muss reichen, außerdem ist es gut Projekte wandern zu lassen damit viele davon profitieren und lernen können und es sich weiterentwickelt.

Was würdest du ändern, um wieder mitzumachen?

Für mich als EPU wäre es fein, wenn die Oase geliefert und aufgebaut werden würde. Am liebsten würde ich mich nur um die Veranstaltung von maximal drei Events kümmern und das Parklet in Ordnung halten, solange es vor meinem Laden Station macht.

Super wäre, wenn die Organisation und Koordination zentral geregelt würden.

Welche Empfehlung hast du für Interessierte, die eine Teilnahme planen?

Die Möglichkeit, ein Parklet vor der Türe zu haben, ist schon etwas sehr Feines, aber auch sehr zeitraubend. Nehmt euch nicht zu viel vor, und macht es nicht alleine.

Schaut, dass ihr die Arbeiten gut untereinander aufteilen könnt! Und sucht euch einen Menschen eures Vertrauens, der die Hauptverantwortung übernimmt. Damit es euch möglich ist, für manche erbrachten Leistungen Honorare zustellen. So war es bisher möglich. Wir arbeiten alle eh viel zu viel für zu wenig Lohn!