Es ist zum Haareraufen: Seit Monaten lässt die ÖVP die Kleinunternehmen ohne Energiekostenzuschüsse im Regen stehen. Doch meine Devise bleibt: Mit Hartnäckigkeit bringen wir die Dinge in Bewegung.

Dass die kleinen Betriebe auf der Prioritätenliste der ÖVP und des ÖVP-Wirtschaftsbunds ziemlich weit unten stehen, ist eigentlich keine Überraschung mehr. Pech für die Kleinen – so denkt man sich offenbar bei der ÖVP – dass sie keine direkten Kontakte zu den Wirtschaftskammer-Bossen und in die ÖVP-Kabinette haben, keine Großspenden in die Parteikasse leisten und noch nicht einmal für einen Medientermin oder eine Pressekonferenz herhalten können, bei der man in die Kameras strahlen kann.

Doch dass Bundeswirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) seine Versprechen nicht einlöst und mehr als neun Zehntel der österreichischen Unternehmen im Regen stehen lässt, gibt dieser Haltung schon noch eine neue Dimension. Der Energiekostenzuschuss (EKZ) für Unternehmen war für ihn anscheinend genau solange ein wichtiges Thema, bis die Konzerne und Großunternehmen ihre Schäfchen im Trockenen hatten.

Die Lage ist inzwischen wirklich ernst: Wie soll etwa ein Gastronomiebetrieb, dessen Energiekosten von 7.000 auf 35.000 Euro im Jahr steigen, ohne Zuschüsse oder liquide Mittel überleben? Unzählige Klein(st)unternehmen, die in diesen Wochen mit den neuen Vorschreibungen für ihre Energiekosten konfrontiert sind, stehen vor einer ähnlichen Situation.

Der Minister jedoch ist seit Monaten untätig. Aber der Reihe nach.

Was bisher geschah

Am 28. September 2022 hat der Ministerrat den Energiekostenzuschuss (EKZ) beschlossen. Der zuständige BM Martin Kocher (ÖVP) präsentierte beim anschließenden Pressefoyer bereits zahlreiche Details rund um den Antragsprozess. Im selben Atemzug kündigte er außerdem ein Pauschalfördermodell für Kleinbetriebe an.

Knappe sechs Wochen später, am 7. November, konnten Großunternehmen und ein Teil der KMU sich für den EKZ I beim AWS voranmelden. Ab 29. November war es dann möglich, die Anträge formal einzureichen.

Zwei Monate für die Umsetzung einer angekündigten Maßnahme: Das ist vielleicht kein Hyper-Speed, aber doch respektabel, wenn man weiß, wie langsam die Mühlen der Behörden-Bürokratie mahlen. (Schade nur, dass diese bürokratischen Mühlen auch dafür gesorgt haben, dass in der ersten Phase nur knapp 7.000 Betriebe überhaupt einen Antrag eingereicht haben.)

Ganz anders jedoch die Lage beim pauschalen Fördermodell für Kleinunternehmen. Da tut sich seit sechs Monaten nämlich: gar nichts. Bundesminister Kocher scheint der Überzeugung zu sein, dass sein Job bereits erledigt ist, wenn Großkonzerne wie Voestalpine trotz Energiekrise wieder Richtung Rekordergebnis steuern. Die Kleinunternehmen warten unterdessen bis heute auf die nötige Richtlinie aus dem Ministerium, um überhaupt einen EKZ-Antrag stellen zu können.

Eine andere Wirtschaftspolitik ist möglich

Die Grüne Wirtschaft ist anders. Unentwegt haben meine Mitstreiter:innen und ich in den letzten Wochen darauf aufmerksam gemacht, dass der Minister seinen Worten endlich Taten folgen lassen muss. Zunächst intern und dann – weil sich die ÖVP ohne Druck anscheinend nicht bewegt – auch öffentlich.

94 % der österreichischen Unternehmen sind Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten (darunter mehr als 340.000 Ein-Personen-Unternehmen).

Eine moderne Wirtschaftspolitik würde sie nicht ignorieren, sondern besonders unterstützen: weil sie die regionalen Kreisläufe stärken, ihre eigenen und unzählige dezentrale Arbeitsplätze schaffen und sich weit mehr um die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Tätigkeit kümmern als viele große Konzerne.

Die kleinen Unternehmen stehen selten im Scheinwerferlicht. Doch sie sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Das behaupte nicht ich, sondern BM Kocher selbst in einem Bericht seines Ministeriums. Wenn er sein eigenes Rückgrat auch so behandelt, möchte ich nicht seine Orthopädin sein. Da würde ich mir echt die Haare raufen. Und mir dann wahrscheinlich doch wieder sagen: Ganz ruhig, mit Hartnäckigkeit bringen wir die Dinge in Bewegung.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft