WAS UNS BEWEGT #WUB

Was bewegt dich? Was bewegt mich? Darüber macht sich unser Regionalsprecher August Lechner regelmäßig in seinem Meinungsbeitrag Gedanken …

 


Stille Macht, heilige Macht!

Das althochdeutsche Wort »stilli« bedeutet, dass etwas geräuschlos oder auch bewegungslos ist. Heilig wiederum bezieht sich auf den altnordischen Begriff »hei lagr« mit der Bedeutung »eigen« bzw. »wahrhaftig«. Mein abgewandelter weihnachtlicher Titel bedeutet sinngemäß: bewegungslose und wahrhaftige Macht.

Kein biblisches Wunder, dass in einer der großen Weltreligionen die Wörter »still« und »heilig« schon fast inflationär Verwendung finden. Hat man erst eine gewisse Größe und Macht erreicht, sollte man beginnen, diesen Zustand tunlichst einzubetonieren. Nach reichlicher Ruhe und dem propagierten Festhalten an Althergebrachtem erscheint die sture Regungslosigkeit zur Eigenheit zu werden.

Was das alles mit der Wirtschaftskammer zu tun hat, erfährst du jetzt!

Als ich vor kurzem mit einer lieben Freundin über die Einnahme der niederösterreichischen Medien durch die ÖVP sprach, wies sie mich darauf hin, dass dies doch nichts Neues sei:

»Natürlich besetzt die ÖVP wichtige Posten mit ihr wohlgefälligen Personen. Und natürlich bedanken sich diese mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln.« Weiter erklärte sie mir: »Sie machen sich die Medien zu eigen, sorgen in erster Linie für genügend positive Stimmung und ersticken jegliche Form von Kritik bereits im Keim – besser gesagt, sie schweigen sie zu Tode. Wenn du in Niederösterreich etwas werden willst, dann geht das nur über die Partei (Anm.: ÖVP), ansonsten riskierst du den wirtschaftlichen und sozialen Niedergang deiner Familie.«

»Stille Macht, heilige Macht!«, denke ich mir und erinnere mich an ein Ereignis, das sich vor einigen Jahren in der Wirtschaftskammer Niederösterreich zugetragen hat. Ich habe mich bei einer Sitzung darüber beschwert, dass wir die Sitzungsunterlagen (von der ÖVP-Wirtschaftsbund-geführten Spitze) viel zu spät erhalten haben. Um einen Beschluss über zigtausend Euro mitzutragen, bedürfe es ausreichend Zeit, um sich mit dem Vorhaben auseinanderzusetzen. Zum allgemeinen Erstaunen erhob sich auch aus den Reihen des ÖVP-Wirtschaftsbundes eine Funktionärin und stimmte meiner Beschwerde zu. Wer schon länger in der Wirtschaftskammer tätig ist, weiß, dass die Reihen der ÖVP normalerweise dicht geschlossen sind. Umso weniger verwundert war ich, als wir bei der nächsten Sitzung erfuhren, dass diese Frau ihre Funktion in der Wirtschaftskammer zurückgelegt hatte.

Einen weiteren interessanten Fall hat der Radiosender Ö1 aufgedeckt. In der Steiermark sind zahlreiche Mitarbeiter:innen der Wirtschaftskammer auch für den ÖVP-Wirtschaftsbund tätig. Es stellt sich die Henne-Ei-Frage: Was war zuerst da – die Tätigkeit für die ÖVP oder die Anstellung in der Wirtschaftskammer? Kann man in der Wirtschaftskammer ohne schwarzes Parteibuch überhaupt etwas werden? In Niederösterreich gibt es 23 Wirtschaftskammer-Bezirksstellenleiter:innen – und genau die selben 23 Mitarbeiter:innen der Wirtschaftskammer sind auch für den ÖVP-Wirtschaftsbund tätig. Darauf kann sich jede:r selbst einen Reim machen.

August Lechner
Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft NÖ