Doch, es gibt neben der Ottakringer Brauerei noch eine zweite in diesem schönen Wiener Bezirk – oder besser: es gab sie.

Da der alte Standort zu klein wurde, suchte sich die Braumanufaktur Schalken einen neuen, großzügigeren und fand den Ölhafen Lobau.

Roland Schalken und Guido Schwarz in der Brauerei
Foto: Grüne Wirtschaft

Roland Schalken wäre gerne in Ottakring geblieben, so als zweitgrößte Brauerei im 16., urban und so. Doch die Unterstützung von Seiten des Bezirks war eher zaghaft und so blieb ihm nichts übrig, als sich irgendwo anders umzusehen. Gewerbe hat es nicht leicht, produzierendes Gewerbe sowieso nicht und Industrie mitten in der Stadt – das stößt mehr oder weniger sofort auf Widerstand.

Der Ölhafen Lobau bzw. das dortige Industriegebiet glänzt nicht gerade durch Romantik. Der Weg dorthin führt vorbei an Stacheldrahtzäunen vorbei, dahinter riesige Tankanlagen. Aber dort gibt es viel Platz, eine große Halle und keinerlei Anwohner:innen, die sich gestört fühlen könnten. Und es gibt andere Firmen, mit denen sich ebenfalls eine gute Nachbarschaft aufbauen lässt, etwa indem man sich gegenseitig aushilft, wenn Werkzeug gefragt ist oder ein paar kräftige Hände, um einen Tank zu heben.

Als Brauerei hat man auch stets ein durchaus beliebtes Dankeschön parat.

Der Ölhafen Lobau ist fürwahr kein Grätzl, aber das Areal hat trotzdem einige Eigenschaften, die es Wert sind, näher betrachtet zu werden: Als ehemaliges Gelände einer großen Mineralölfirma besitzt es eine Einzäunung mit Tor und somit eine gewisse Abgeschlossenheit in sich, abgeschieden vom Rest der Welt sozusagen.

Die verschiedenen Firmen sind unterschiedlich groß und in sehr verschiedenen Branchen tätig, wir finden somit eine Vielfalt, aber auch Gemeinsamkeiten, denn alle sind im Handel und/oder der Produktion tätig bzw. Dienstleistende mit viel Materialeinsatz. Man kennt einander, wenn auch unterschiedlich gut.

Roland Schalken in der Brauerei
Foto: Guido Schwarz

Der lagebedingte Vorteil für die Brauerei Schalken liegt neben der Ungestörtheit auch an den Möglichkeiten, die etwa punkto Abfallentsorgung vorhanden sind.

Dafür mahlen die Mühlen der Behörden extrem langsam, das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren dauert so lange wie sein Name, auch wenn die Betriebsanlangengenehmigungsverfahrensanträge schon längst abgegeben sind.

Roland wurde von den Nachbarn beruhigt (»Es geht uns allen so«).

Gärtank
Foto: Guido Schwarz

Die Brauerei arbeitet wie eine große, nur ist alles etwas kleiner. Bei einer Führung ist die Leidenschaft für das Bierbrauen bei Roland unübersehbar. Er kann wunderbar erklären, wie was funktioniert.

Besonders interessant ist das Drumherum, also etwa die Frage der Energieversorgung oder der Abfallentsorgung. Derzeit ist die Brauerei noch von Gas abhängig, das vor allem zur Wärmeerzeugung  benötigt wird. Es ist aber schon angedacht auf dem Dach der Halle eine Photovoltaikanlage anzubringen. Diese würde zwar nicht den gesamten aber doch einen entscheidenden Anteil des Energiebedarfs abdecken. Rolands Ziel ist natürlich die komplette Energieautarkie, aber das ist technisch und finanziell derzeit noch nicht zu stemmen. Trotzdem denkt der Bierbrauer intensiv darüber nach, denn die Unabhängigkeit von unkontrollierbaren äußeren Faktoren ist ein Bestreben, mit dem er inzwischen nicht mehr allein ist.

Als Grüne Wirtschaft kennen wir Best-Practice-Beispiele: lokale, spezifische Energieerzeugung, in kleinen Verbünden, durchaus gekoppelt mit größeren Netzstrukturen, vielleicht kooperativ verwaltet. Wie ihr in unserer Grätzl-Werk-Stadt NO.47 lesen könnt.

Wenn Industrie und Gewerbe aus dem bequemen Tiefschlaf aufwachen, der bisher durch billiges und scheinbar unendlich und immer verfügbares Gas und Öl möglich war, könnte sich relativ rasch was tun. Die bisherigen Blockierer, die durch starke Interessensverbände auf die jeweiligen europäischen Regierungen eingewirkt haben, müssen ja nicht ewig an der Macht bleiben.

Guido Schwarz in der Brauerei
Foto: Grüne Wirtschaft

Unsere Diskussion hat sich jetzt ein wenig vom Grätzlthema entfernt, zeigt aber auch, dass das tollste und gemütlichste Grätzl nicht unabhängig ist von den es umgebenden Strukturen. Ein Unternehmer wie Roland Schalken ist mit seiner Brauerei – zumindest derzeit noch – von vielen externen Gegebenheiten wie z.B. der Energielieferung abhängig. Auch sauberes Wasser braucht er, was in Wien glücklicherweise kein Problem ist.

Manche Faktoren hat er selbst in der Hand, die Transporte erledigt er etwa bereits mit einem Elektrotransporter und vor der Halle stehen beachtliche Hochbeete, in denen er sein eigenes Gemüse wachsen lässt.

Guido Schwarz hat Roland Schalken in der Brauerei besucht und den Artikel geschrieben.