Immer wieder hat die Grüne Wirtschaft die Querverbindungen bei den Geldflüssen zwischen ÖVP-Wirtschaftsbund und ÖVP bzw. der Querfinanzierung der ÖVP durch – unter anderem – Wirtschaftskammergelder thematisiert. Trotz vielfach öffentlich gewordener Kritik wurden in den vergangenen Monaten und Jahren unverfroren Inserate und andere PR-Maßnahmen mit den Pflichtmitgliedsbeiträgen der Unternehmer:innen finanziert. Ein Unrechtsbewusstsein gibt es immer noch nur bei wenigen Teilen des ÖVP-Wirtschaftsbundes.
Die Selbstanzeige des ÖVP-Wirtschaftsbundes in Vorarlberg bezüglich nicht korrekt versteuerter Inserate in ihrem Mitgliedermagazin hat nun einen Stein ins Rollen gebracht, der nicht mehr aufzuhalten ist. Gut so!
Denn die gesamte Causa zeigt ein erschütterndes Sittenbild und Selbstverständnis des ÖVP-Wirtschaftsbundes, à la »Uns gehört die Welt!«. Die Ironie dabei: Genau jene, die bisher behauptet haben DIE Kompetenz in Sachen Wirtschaft im Land zu sein, führen keine ordentliche Buchhaltung und haben zudem in großem Stil Steuern hinterzogen. Immer mehr Details werden öffentlich: So wurden für die gebuchten Inserate weder die Mehrwertsteuer abgeführt noch die Abgabe für Zuwendungen an die Partei – möglicherweise auch, um die enormen Geldflüsse zu verschleiern.
Die Zahlen in Vorarlberg schwanken, kolportiert werden aber offene Steuernachzahlungen in Höhe von mehr als einer Million Euro. Berechnungen des Finanzamts zeigen zudem, dass die Landes-ÖVP seit 2015 mit mehr als 1,2 Millionen Euro querfinanziert worden sei.
Auch in anderen Bundesländern dürfte einiges im Argen liegen. Eines, das sich dabei besonders hervortut, ist Kärnten: Im M.U.T.-Magazin des ÖVP-Wirtschaftsbundes finden sich in jeder Ausgabe Inserate von WKO, WIFI, etc. – auch der ÖVP-Landtagsklub hat inseriert. Es gibt eine Vielzahl an Artikeln, deren Autor:innen bei der Wirtschaftskammer Kärnten oder der Wirtschaftskammer Tirol beschäftigt sind. Sieht denn niemand beim Kärntner Wirtschaftsbund Unvereinbarkeiten zwischen Kammertätigkeit und der Zuarbeit zu einer politischen Fraktion? Oder dass es sich hier um eine versteckte Personalsubvention handeln könnte?
Die Selbstherrlichkeit, mit der über die Wirtschaftskammergelder verfügt wird, sorgt für ein desaströses Bild, wie mit den Pflichtmitgliedsbeiträgen umgegangen wird. Die WKÖ soll sich statt der Finanzierung sinnloser Inserate auf ihre Kernaufgaben besinnen, nämlich die Interessen österreichischer Unternehmer:innen zu vertreten und Serviceangebote und Brancheninformationen zur Verfügung zu stellen. Und sie sollte schon gar nicht in den Publikationen der Fraktionen inserieren, die ohnehin Wählergruppenförderung erhalten. Das muss verboten werden!
Der Stein rollt jedenfalls weiter – und wir werden uns dafür einsetzen, dass die Spur der Verwüstung, die er hinterlässt, eine Spur der Veränderung nach sich zieht.
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft