Aus der Rubrik “Josef Scheinast kommentiert”. Weitere Beiträge.

Klarerweise bekennt sich auch die Wirtschaftskammer nach außen hin zur Jahrhundertaufgabe, unser Wirtschaftssystem ressourcenschonend und CO2-neutral umzugestalten. Eine einzige Zahl sagt eigentlich alles: 50 % des CO2, das die Menschheit zu verantworten hat, ist allein in den letzten 30 Jahren ausgestoßen worden. Zugleich hat der Raubbau an den begrenzten Ressourcen der Erde dramatisch zugenommen.

Sobald allerdings konkrete ökologische Maßnahmen am Tisch liegen, ist die vom Wirtschaftsbund dominierte Wirtschaftskammer verlässlich zur Stelle, um diese auszubremsen oder möglichst zu verwässern. So ist es auch jetzt bei der Einführung der NoVa für Nutzfahrzeuge ab 1. Juli 2021. Die Wirtschaftskammer trommelt gegen die Einführung, weil damit hohe Kosten für die Betriebe entstünden und überhaupt jetzt ein sehr ungünstiger Zeitpunkt für ökologische Maßnahmen sei.

Warum kommt die NoVa für Nutzfahrzeuge und was ist geplant? Bisher waren betriebliche Nutzfahrzeuge von der NoVa ausgenommen. Höchste Zeit, das zu beenden, denn der Verkehr ist nach wie vor eines der größten Sorgenkinder in der heimischen CO2-Bilanz. Und Fahrzeuge, die einmal auf der Straße sind, werden bis zu 20 Jahre gefahren. Bis 2024 soll die NoVa beim Neukauf von Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen schrittweise angehoben werden. Besonders CO2-intensive und damit besonders klimaschädliche Fahrzeuge werden im Ankauf damit spürbar teurer. Keine NoVa fällt beim Kauf von Gebrauchtwagen und beim Neukauf von E-Fahrzeugen an. Im Gegenteil, für ein E-Fahrzeug gibt es großzügige Förderungen. Damit ist die NoVa ein wichtiger Baustein einer ökosozialen Steuerreform, die den Ressourcenverbrauch belastet, Arbeit entlastet und klimafreundliche Alternativen fördert.

Betriebe haben genug Zeit, sich auf diese Veränderung vorzubereiten. Niemand muss sich jetzt ein neues Fahrzeug anschaffen, außer es ist kaputt. Der Markt für E-Nutzfahrzeuge entwickelt sich stark und auch die Ladeinfrastruktur verbessert sich schnell. Die NoVa-Reform wird beides beschleunigen. Ich bin überzeugt, dass es rasch genügend Alternativen zu den alten Dieselfahrzeugen geben wird.

Die NoVa-Reform zeigt für mich zwei Dinge wieder klar auf: Dass es erstens ohne konkrete Maßnahmen, die auch Standards & Limits einschließen, keine schnellen Veränderungen gibt. Und die brauchen wir jetzt, denn der Klimawandel wartet nicht, bis Wirtschaftskammer oder Wirtschaftsbund für Veränderungen bereit sind. Verfehlen wir weiter unsere Klimaziele, drohen zudem Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Zweitens hat sich wieder einmal gezeigt, dass sich die Wirtschaftskammer in Sonntagsreden innovativ und zukunftsorientiert gibt, bei ökologischen und sozialen Veränderungen aber immer trotzig auf Seiten jener steht, die am Alten festhalten wollen. Nur gut, dass die überwiegende Mehrheit der WKO-Betriebe fortschrittlicher denkt.