Ein Appell von Angelika Hörmann

Innerhalb des letzten Jahres hat sich unsere Welt nur in eine Richtung bewegt. Die Welt der Frauen hat in dieser Zeit eine Zäsur erlebt, wie es in den letzten 70 Jahren nie so deutlich sichtbar und spürbar war.

Im Gesundheitswesen, in unbezahlter Betreuungsarbeit, in Handel, Dienstleistung und in allen anderen Wirtschaftsbereichen werden Frauen zwar als systemrelevant definiert und beklatscht – und zugleich deutlich geringer bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Kurzer Applaus – und aus.

Entscheidungsträgerinnen in der aktuellen österreichischen oder Tiroler Gesundheits-politik? Weit gefehlt! Als Virologinnen werden sie gerne befragt – was dann geschehen soll, wird von Männern in zahllosen, ermüdenden Auftritten der Bevölkerung serviert. Und das unterscheidet sich mitunter deutlich von dem, was Wissenschafterinnen und Praktikerinnen vorschlagen. Eine Missachtung der Kompetenz von Frauen, eine eklatante Geringschätzung von Wissen, Erfahrung und Engagement.

In einer Studie der University of Liverpool Management School („Leading the Fight Against the Pandemic: Does Gender Really Matter“) haben „von Frauen geführte Länder die Covid 19 Pandemie besser bewältigt als die von Männern geführte Länder“. Frauen reagieren „entschlossener und schneller…“ Man kann daraus schließen: Es gibt deutlich zu wenige Länder, die von Frauen geführt werden.

Die ökonomischen Effekte der Pandemie auf Frauen wie der massive Anstieg der Arbeitslosigkeit in Tourismus-Berufen, besonders in Westösterreich, oder die prekäre Lage der EinzelunternehmerInnen mit Betreuungspflichten, machen die völlig erlahmte und desorientierte Wirtschaftspolitik, die untrennbar mit Gleichstellungspolitik verbunden ist, erschütternd deutlich.

Was also tun?

Die OECD bietet in ihrer Studie „Women at the core of the fight against COVID-19 crisis“ gute Ansätze zur Diskussion und vor allem zur Umsetzung:

In alle politischen Entscheidungen müssen die geschlechtsspezifischen Auswirkungen einfließen.

Der Zugang zu allen nach Geschlecht aufgearbeiteten Daten – was in Österreich ohnedies nur sehr mangelhaft stattfindet – muss möglich sein, um daraus eine wirkungsorientierte Folgenabschätzung zu gewährleisten.

Das Instrument des Gender-Budgeting – also die Erstellung eines Haushaltsplans mit dem Ziel, die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und schließlich zu erreichen – endlich einzusetzen.

Die Wirtschaft, die Gesellschaft benötigt, um sich nachhaltig erholen zu können, strukturelle Anpassungen, die auf geschlechtsspezifische Notwendigkeiten Rücksicht nehmen.

Und schließlich braucht es endlich verbindliche Vorgaben, die die Erhöhung der Anzahl der Frauen und Frauenorganisationen in Entscheidungsprozessen sicherstellen.

Für Angelika Hörmann, ehemalige Sprecherin der Tiroler Grünen Wirtschaft ist der Weltfrauentag 2021 einmal mehr ein Auftrag: “Nehmen wir Frauen die Pandemie zum Anlass, die hier zitierten Verbesserungsvorschläge vehement einzufordern, verstummen wir nicht wieder und lassen uns nicht länger von öden Pressekonferenzen einlullen – wir sind es ja gewöhnt uns vehement einsetzen zu müssen, diesmal ein bisschen deutlicher, lauter und: gemeinsam!”

Angelika Hörmann für Grüne Wirtschaft Tirol…