Die Wirtschaftskammer spielt eine unsägliche Rolle bei der Verhinderung von Maßnahmen zur Lösung von Klima- und Umweltproblemen.

Österreich muss bis 2029 die Sammelquote von Einwegplastikflaschen von 73 % auf 90% erhöhen, dies schreibt die EU vor. Sogar schon vor der grünen Regierungsbeteiligung hat das Umweltministerium – damals noch unter ÖVP-Ministerin Köstinger – eine Studie in Auftrag gegeben, die klären sollte, durch welche Maßnahmen man am schnellsten und auch am billigsten die EU-Vorgaben umsetzen kann. Das Ergebnis: Ein Pfand auf Einwegplastikflaschen ist nicht nur der günstigste, sondern auch der einfachste Weg um das Ziel von 90% zu erreichen.

Die Grüne Ministerin Leonore Gewessler hat kürzlich in einem 3-Punkte-Plan einen Fahrplan vorgestellt, wie die Ergebnisse der Studie in die Praxis umgesetzt werden können.

Die Antipfand-Lobby

Die Kritik von Seiten der Recycling-Unternehmen, die ein einträgliches Geschäft verlieren würden, und Handelsvertretern kam schnell, laut und trotzdem wenig überraschend. Wenig erstaunlich ist auch die Haltung der WKO zu diesem Thema: Auch wenn sich WK-Präsident Harald Mahrer vor der WK-Wahl noch als „Pionier für Klima- und Umweltschutz“ zu inszenieren versucht hat, ist die WKO nun nämlich die vehementeste Stimme gegen ein Einwegpfand und hat offensichtlich gemeinsam mit der Altstoff Recycling Austria (ARA) eine großangelegte Antipfand Propagandawelle koordiniert.

Dabei gibt es unter den Unternehmer*innen bzw. WKO-Mitgliedern keine eindeutige Ablehnung eines Pfandsystems. Ganz im Gegenteil finden sich sogar viele Unternehmer*innen, die die WKO dafür kritisieren, dass sie im Namen der Wirtschaft einseitige Werbung für ein System macht, dass eben nicht von allen Wirtschaftstreibenden unterstützt wird. Christian Abl, Geschäftsführer der Pfandsystemgesellschaft ÖPG kritisierte dies sogar in einem öffentlichen Brief an Mahrer. Darin wirft er der WKO Spitze auch vor, eine einseitig besetzte Arbeitsgruppe zum Thema Pfand eingerichtet zu haben, ohne auch nur ein Unternehmen einzuladen, dass sich für ein Pfandsystem ausspricht. Als Grüne Wirtschaft engagieren wir uns seit Jahren konsequent für eine Ökologisierung der Wirtschaft. Deshalb verurteilen wir diese einseitige und parteiische Haltung der WKO.

Die Rolle der WKO

Die ARA, in deren Struktur die großen Einzelhandelsunternehmen eine bedeutende Rolle spielen, kämpft nicht aus inhaltlicher Überzeugung gegen das Pfandsystem, sondern aus Angst um die Lizenzgebühren. Diese würden bei Einführung eines Pfands auf Einwegflaschen jährlich um 24 Mio. € sinken. Auch der WKO ist anscheinend der Umsatz der großen Recycling-Unternehmen und die Bequemlichkeit der Lebensmittelhändler wichtiger, als die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Plastikmüll.

Anders lässt sich der sogenannte 10-Punkte-Plan der WKO nicht verstehen. Dieser Plan besteht nur aus zwei Seiten mit schönen Bildern und Zahlen. Inhaltlich ist es nicht viel mehr als: „Wir machen alles wie jetzt, nur eben ein bisschen mehr.“ Kostenrechnungen und Analysen fehlen ganz und das obwohl das Hauptargument gegen ein Pfandsystem die vermeintlich hohen Kosten sind. Um die Quote von 90% zu erreichen, schlägt die WKO auch vor, aus dem Rest- und Gewerbemüll die Plastikflaschen auszusortieren. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die EU dies jedoch nicht als getrennte Sammlung akzeptieren – den meisten Involvierten ist das klar, die WKO will das nicht wahrhaben. Der 10-Punkte-Plan wird von der WKO, ARA und anderen Antipfand-Lobbyisten als Alternative zum Pfand propagiert – die ARA spricht sogar von einer „Jahrhundertchance“. Eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema sieht anders aus.

Wer trägt aber die Kosten bei Nichterfüllung der Quote?

Laut Angaben des Klimaschutzministeriums ist bei Nichterfüllung der Sammelquote mit Kosten bei der EU-Plastiksteuer von 160 bis 180 Mio. € pro Jahr zu rechnen. Dass diese ebenfalls finanziert werden müssen, ist der Anti-Pfand-Lobby wieder einmal egal, denn das Überwälzen auf die Allgemeinheit spielt keine Rolle, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Die WKO lässt sich hier einmal mehr willig vor den Karren der Interessen einiger weniger spannen.

Mensch und Natur im Zentrum des wirtschaftlichen Handelns

Die Grüne Wirtschaft vertritt die Interessen der ökologisch und sozial engagierten Unternehmer*innen. Uns ist klar, dass es dringend notwendig ist das Problem des Plastikmülls und der Ressourcenverschwendung konsequent und ambitioniert anzugehen. Die Erfahrungen aus anderen Ländern und auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema führen ganz klar zu der Erkenntnis:

Wenn wir den Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft und den Einstieg in eine Kreislaufwirtschaft schaffen wollen, führt kein Weg an einem klug ausgestalteten Pfandsystem vorbei. Die WKO sollte sich von ihrer rückwärtsgewandten Politik verabschieden, anstatt unseriös und engstirnig die Interessen weniger großer Player im Recycling- und Handelsbereich zu bedienen.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft