Die Bundesregierung hat also 6,5 Milliarden Euro zur Umverteilung vorgesehen. Begünstigt werden ab 2021 vor allem kleine und mittlere Einkommen durch Senkung der Steuertarifstufen und der Sozialversicherungsabgaben. Das ist grundsätzlich gut und richtig.

Allerdings wird die so genannte kalte Progression – also die Nicht-Anpassung der Steuerstufen an die Inflation – dem Fiskus seit Amtsantritt von Kanzler Kurz bis zum Jahr 2022 laut dem Linzer Ökonomen Friedrich Schneider exakt 6,86 Milliarden Euro in die Kassen gespült haben. Oder anders gesagt:

Wir SteuerzahlerInnen finanzieren uns die GRÖSRAZ – die »größte Steuerreform aller Zeiten« (© Harald Mahrer) in mehrfacher Hinsicht selbst: Zum einen, weil Steuerreformen immer aus dem Steuertopf finanziert werden. Zum anderen eben durch die kalte Progression.

Fehlende Ökologisierung

Viel schwerer wiegt allerdings, dass die schwarz-blaue Koalition mit ihrer Nullsummen-Reform keinerlei zukunftsweisende, steuernde Effekte nutzt: In Deutschland wird derzeit eine CO2-Abgabe diskutiert.

Unsere Vision einer Strukturreform sieht ähnlich aus: Wir fordern die Abschaffung umweltschädigender Subventionen, etwa die Steuerbefreiung auf Kerosin. Außerdem würden wir eine CO2-Abgabe einführen – mit einem Steuerbonus für nachhaltig wirtschaftende Unternehmen. Zur Stärkung der regionalen Produktion würde es Kostenwahrheit im Gütertransport geben.

Der steuernde Effekt: UmweltsünderInnen sollen stärker zur Kasse gebeten werden, ökologisch wirtschaftenden Unternehmen stärker profitieren. Auf diese Weise können wir die Klimakrise stoppen und nachhaltiges Wirtschaften würde belohnt werden.

Nur Alibi-Aktionen im Umweltbereich

Die schwarz-blaue Koalition begnügt sich im Umweltbereich stattdessen mit Alibi-Aktionen und belohnt die ÖVP-Wahlkampffinanziers aus der Großindustrie mit einer Senkung der Körperschaftssteuer. Das ist nicht einfach nur schamlose Klientelpolitik auf Kosten des Klimaschutzes. Das kann auch richtig teuer werden. Denn Österreich verfehlt bereits jetzt die EU-Klimaziele.

Laut dem Klimaexperten Gottfried Kirchengast könnte die Bundesregierung im kommenden Jahrzehnt CO2-Zertifikate um bis zu bis zu 10 Milliarden Euro zukaufen müssen.

Maßnahmenpaketchen statt Reform

Für Einpersonen- und kleine Unternehmen hat die Bundesregierung nur ein Maßnahmenpaketchen geschnürt. Die leichtere Absetzbarkeit des Arbeitsplatzes ist in Zeiten mobiler Büros zu kurz gegriffen. Viele EPU arbeiten sowohl zu Hause als auch mobil mit Laptop und Handy.

Eine pauschale Geltendmachung von 250 Euro im Monat für ein fiktives Arbeitszimmer trifft die Bedürfnisse moderner Arbeitswelten punktgenauer – das entspricht den durchschnittlichen Kosten eines Co-Working-Space. Die Abschaffung des ungerechten Selbstbehalts bei der SVA wird hingegen nicht angegriffen. Diese Steuer auf Krankheit trifft vor allem kleine UnternehmerInnen besonders hart.

Mein Fazit

Eine Nullsummen-Reform mit dem Risiko eines Milliardenaufschlags, die die Klimakrise weiter befeuern wird. Statt nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zu belohnen, werden Bonzen-Boni verteilt. Sorry, Herr Mahrer, eine GRÖSRAZ sieht anders aus.

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft