Die Bundesregierung geht auf Klausur, um eine Steuerreform durchzuführen. Die Frage, die sich alle dabei stellen lautet: Wem nützt es?
Die Regierung hat eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen, eine Absenkung der Körperschaftssteuern und eine Digitalsteuer angekündigt. Schauen wir uns das im Detail an:
1. Gerechtigkeit für Geringverdienende
Von der Steuerreform soll grundsätzlich profitieren, wer Lohn- oder Einkommensteuer zahlt. Das ist derzeit ab einem Einkommen (nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen) von 11.000.- Euro pro Jahr der Fall. All jene Menschen, die mit weniger als 1.000.- Euro im Monat auskommen müssen, würden leer ausgehen. Für diese Gruppe, die eine Entlastung am meisten benötigt, sind stattdessen die Sozialversicherungsbeiträge relevant.
Wir schlagen deshalb vor, alle Einkommen bis 12.000.- Euro pro Jahr von allen Abgaben (also Steuer und Sozialversicherung) zu befreien, wobei der volle Anspruch auf Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gegeben sein soll. Damit wären 1.000.- Euro pro Monat brutto für netto als Basis für alle hergestellt.
Gleichzeitig entlastet diese Systematik auch alle Einkommen über dieser Freigrenze und damit haben alle einen Vorteil.
2. Absenkung der Körperschaftschafts-Steuer als Zuckerl für Großbetriebe?
Barbara Teiber (gpa) rechnet vor: »Etwa fünf Prozent der gewinnstärksten Kapitalgesellschaften zahlen etwa 80 Prozent des KöSt-Aufkommens. Eine allgemeine Senkung der Körperschaftssteuer würde daher nur den Wirtschaftseliten zu Gute kommen.« Gerecht ist das nicht. Und es hilft wieder einmal nur den stets von der Regierung und der Wirtschaftskammer bevorzugt bedienten Großbetrieben.
Peter Michael Lingens weist im aktuellen Falter auch darauf hin: Falsch sei die Behauptung von ÖVP-Wirtschaftskammerpräsidenten Mahrer, dass eine Senkung der KöSt mehr Investitionen auslöse und somit für alle gut sei, weil damit die Wirtschaft angekurbelt werde.
Die Zahlen der Vergangenheit beweisen nämlich das Gegenteil. Seit den 90er-Jahren wurde die KöSt sukzessive von 34 auf 25 Prozent abgesenkt. Die Investitionsquote ist aber trotzdem von 25,9 auf 22,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesunken. Es wird nämlich übersehen, dass Investitionen nur dann getätigt werden, wenn Aussicht auf höhere Umsätze besteht. So lange aber die Bevölkerung keine Reallohnsteigerungen erlebt (de facto stagnieren die Reallöhne), kann kein größerer Absatz erwartet werden. Eine Senkung der KöSt nützt also bestenfalls den Bilanzen der Großkonzerne: Eigentlich ganz logisch und ein Armutszeugnis für Mahrer als Chef einer Organisation, die für alle Unternehmerinnen und Unternehmer da sein sollte.
3. Digitalsteuer als Nebelgranate
Meine Erwartungshaltung ist – offen gesagt – gering. Die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, dass Kanzler Kurz und Co. wenig Energie entwickeln, wenn es darum geht, sich mit internationalen Konzernen anzulegen.
Der Rückzug bei der Finanztransaktionssteuer und der schwache Einsatz für eine europäische Lösung bei der Einführung einer digitalen Betriebsstätte samt dazugehöriger Besteuerung lässt vermuten, dass hier wieder einmal Symbolpolitik betrieben wird.
Für einen PR-Auftritt wird es aber schon reichen – und als geschicktes Ablenkungsmanöver zur Vertuschung der GroßspenderInnen-Bevorzugung durch die KöSt-Absenkung.
Tatsache ist, dass die Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen und die gewaltigen Zuwächse bei den Online-Handelsriesen dringend eine Änderung der Abgabensystematik erforderlich machen. Die Besteuerung der digitalen Betriebsstätte ist dafür die ehrlichste und effektivste Variante. Im Alleingang kommen Kurz und Parteifreund Mahrer dabei aber nicht sehr weit.
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft