Der Recycling-Kosmos

Grätzl-Werk-Stadt No. 9: Initiative für Reparatur, In-Stand-Setzung und Recycling

 

Chancen und Herausforderungen der Grätzel-Belebung aus der Sicht einer Initiative: Interview mit der Sprecherin der Initiative

Im Verein Recycling-Kosmos hat sich eine Gruppe an aktiven Menschen zusammengefunden, die rund um die Ottakringer Straße im 16. und 17. Bezirk leben und arbeiten. Gemeinsam setzen sie sich für eine Aufwertung ihres Grätzels ein.

Amke Lehr aus der AG Grätzel hat mit Gabriele Grün, der Sprecherin der Initiative, über deren Arbeit gesprochen. Das Interview.

Frau Mag. Grün, was ist das Ziel Ihres Vereins?

Der Recycling-Kosmos setzt sich für Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit im Grätzel ein. Wir sehen viel Potenzial in einer Entwicklung der Erdgeschoßzone in Kombination mit einer Stärkung der Themen Reparatur und Re-Use. Im Detail bedeutet das, dass wir Projekte und Unternehmen aus dem Bereich Recycling, Upcycling und Reparatur, die die Ottakringer Straße beleben und bereichern können, bei der Ansiedlung unterstützen. Des Weiteren organisieren wir Workshops und Diskussionen rund um Themen, die uns bewegen: Reparatur und Handwerk, Upcycling, Verkehr. Dies tun wir als Verein oder in Kooperation mit ansässigen Projekten und Initiativen, Forschungsinstituten, HandwerkerInnen, Unternehmen, KünstlerInnen und ExpertInnen.

Wenn man die Ottakringer Straße entlang geht, sieht man in regelmäßigen Abständen Schilder, die sich mit ansässigen Handwerksberufen beschäftigen. Was halten Sie von dieser Initiative?

Die Initiative »Ottakringer Straße – Straße des Handwerks« wurde vor einigen Jahren von Walter Schuh, selbst ehemals Unternehmer auf der Ottakringer Straße, ins Leben gerufen, wir waren auch mit ihm damals in Kontakt hierzu. Auf der einen Seite gefällt uns dieses Projekt, weil es bestehende Traditionslinien aufzeigt. Die konkrete Vorgangsweise mit Schautafeln usw. halten wir aber für zu rückwärtsgewandt und museal. Wir glauben, dass es eine Übersetzung dieser alten Ottakringer Handwerkstradition in die Gegenwart braucht. Deswegen fokussieren wir uns eher auf Reparatur-Betriebe. Und deswegen haben wir uns auch eine Weile für die Idee einer Ottakringer Straße als »Straße des nachhaltigen Wirtschaftens« eingesetzt.

Was ist aus dieser Idee geworden?

Leider fand sie zu wenig Unterstützung. So haben wir zwar immer wieder punktuelle Erfolge erzielt, die große Idee aber konnte nicht umgesetzt werden. Sie wird auch durch andere Tendenzen wie z. B. das erhöhte Verkehrsaufkommen, ziemlich konterkariert. Wir sind mit unserem Vereinslokal auch vor einem Jahr von der Ottakringer Straße weggezogen und haben jetzt ein Lokal in einer ruhigeren Seitengasse, der Kirchstetterngasse.

Warum das?

Dort ist es einfach ruhiger, man kann dort auch einmal die Türe offenstehen lassen.

Was für Potenzial sehen Sie heute, nach diesen Erfahrungen, in der Grätzelarbeit?

Ich bin überzeugt, dass gesellschaftlicher Wandel nicht durch große Resolutionen auf die Welt kommt, sondern in kleinen Schritten, dadurch, dass man im Kleinen einfach mal Dinge anders macht. Und genau das können TeilnehmerInnen, Kinder und Erwachsene, in unseren Workshops, erfahren. Etwas Neues ausprobieren, zu sehen: »Hej, ich kann das, ich kann das selber machen, mit eigenen Händen«, das kann ein ungemein beflügelndes Gefühl sein.

Was mir noch wichtig ist: Das ganze Bemühen um Nachhaltigkeit nützt uns nichts, wenn es nicht mit sozialen Erfahrungen verbunden ist. Was liegt also näher, als im Kleinen, im Grätzel, anzufangen, mit den Menschen, den Nachbarn, die da sind. Gemeinsam kann man viel bewegen und auf die Beine stellen.

Von welcher Seite und in welcher Form wünschen Sie sich mehr Unterstützung für Ihre Arbeit?

Da wir mit der Stärkung der Nachhaltigkeit durch Reparatur und Re-Use ein kommunal sehr relevantes Thema bearbeiten, würde ich mir mehr Unterstützung seitens der Stadt wünschen. Regelmäßig werden neue Klimaschutzabkommen unterzeichnet, doch die Umsetzung hinkt gewaltig hinterher. Das ist auch logisch, denn genau in der Umsetzung liegen die Herausforderungen. Die dazu nötigen Änderungen kann man nicht von oben herab verordnen, das muss wachsen und sich entwickeln. Dazu bereiten wir mit unserer Vereinsarbeit den Boden. Und dafür wünschen wir uns mehr Ressourcen, Räume, Anschlussmöglichkeiten. Unsere Erfahrung zeigt: Mieten sind ein Problem für Menschen, die gemeinsam aktiv werden wollen. Die Initiative ist oft da, wenn aber dann noch externe Kosten zu stemmen sind, scheitert es. Warum also nicht die Ansiedlung von Initiativen in Erdgeschosslokalen fördern?

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Mag. Grün.