Zu Besuch bei spannenden Betrieben in Kärnten

Natürlich geht’s auch um die Zahl auf dem Konto – unternehmerisch tätig ist man nicht aus Jux und Tollerei. Doch unternehmerischer Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung sind keine Antithesen. Ganz im Gegenteil: Österreichs Unternehmer:innen zeigen mit ihren Geschäftsmodellen, wie man zur Lösung drängender Probleme beiträgt und zugleich unternehmerischen Erfolg hat. In dieser Überzeugung haben uns einmal mehr die Unternehmer:innen bestätigt, die wir bei unserer Betriebsbesuchstour in Kärnten besuchen durften.

Dinge voranbringen, Wirtschaft und Gesellschaft weiterentwickeln – dafür gibt es meist nicht die eine, perfekte und zu hundertprozentig richtige Lösung. Es geht um das Abwägen von Alternativen in einem Rahmen, den meistens andere vorgeben. Verantwortung zu übernehmen heißt dann, nach der besten möglichen Alternative zu suchen. Unternehmerisches Denken zeichnet sich auch durch Anpassungsfähigkeit, Kreativität und Innovationskraft aus.

Wood Cube: Legosteine zum Wohnen und Arbeiten

Mit Blick auf den Ossiacher See arbeiten Andrea Binggeli und das Team der Firma Wood Cube in Sattendorf an modularen Wohneinheiten aus Massivholz – den Wood Cubes. Der Wunsch nach einem Eigenheim oder der eigenen Betriebsstätte ist nachvollziehbar, doch der damit einhergehende Bodenverbrauch zerstört die Natur und belastet das Klima. Die Wood Cubes lösen diesen Widerspruch: Lokal und aus nachhaltigem Material produziert, können sie je nach Lebensphase den eigenen Wohn- oder Arbeitsbedürfnissen angepasst werden. Die Modularität der Wood Cubes erlaubt es z. B. einer Familie mit Kindern, zusätzlichen Wohnraum zu ergänzen und ihn später, wenn der Nachwuchs auszieht, einfach wieder rückzubauen – ohne den dafür notwendigen Boden versiegelt zu haben.

Auch wenn Andrea Binggeli und die Firma Wood Cube international denken (produziert wird neben Österreich auch in der Schweiz), bleibt die jeweils lokale Produktion eine Herzensangelegenheit: Die Idee soll exportiert werden, nicht das fertige Produkt.

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GW-Bundessprecherin Sabine Jungwirth in einem Wood Cube
© Grüne Wirtschaft
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Andrea Binggeli (rechts) zeigte GW-Bundessprecherin Sabine Jungwirth und Regionalsprecher Markus Ertel das Wood-Cube-Konzept. © Grüne Wirtschaft

myAcker: von der App ins Fernsehen und zurück in die Region

Ein bisschen verrückt ist die Geschichte von myAcker aus Spittal an der Drau – und so beschreiben sich selbst auch die Menschen hinter dem Unternehmen rund um Christoph Raunig und Patrick Kleinfercher. Selten haben wir bei Betriebsbesuchen so viel Familiarität, Herzlichkeit und Lockerheit wahrgenommen.

Begonnen hat alles damit, dass über Apps spielerisch Ackerland verpachtet wurde – die Menschen wurden zu Onlinegärtner:innen. Der Unterschied zu einem Spiel: Die Felder werden tatsächlich von Landwirt:innen bestellt, die Ernte von myAcker ausgeliefert. Auch bei Menschen ohne direkten Zugang zu Grünflächen sollte so die Wertschätzung gegenüber der Landwirtschaft, den Lebensmitteln und der Arbeit der Landwirt:innen steigen.

Nach einem erfolgreichen Auftritt in der Sendung 2 Minuten 2 Millionen und der Suche nach weiteren Möglichkeiten, Menschen für regionale Lebensmittel zu begeistern, ist myAcker in unterschiedlichste Richtungen gewachsen. Mittlerweile betreibt das Unternehmen zum Beispiel die Ackerboxen: Das sind Minisupermärkte ohne Personal, die Produkte aus den umliegenden Dörfern anbieten und von den Produzent:innen KI-unterstützt selbst befüllt werden. Ein weiteres Geschäftsfeld ist die Softwareentwicklung für regionale Händler:innen und Produzent:innen. Dadurch kann auch in abgelegenen Regionen die Nahversorgung sichergestellt werden, indem durch Self-Checkout-Systeme fehlende Arbeitskräfte ersetzt werden.

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Kathrin Angermann-Wernisch und Christoph Raunig yon myAcker führten Sabine Jungwirth und Markus Ertel durch die Ackerbox.
© Grüne Wirtschaft
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© Grüne Wirtschaft

Was noch fehlt

Auch wenn wir erfolgreiche und motivierte Unternehmer:innen kennenlernen durften, wurden uns trotzdem Baustellen aufgezeigt. Immer wieder gab es Kritik an den Fördercalls und Unverständnis für ihre viel zu hohe Komplexität. Wenn ein KMU hohe Beträge vorstrecken oder einzelne Mitarbeiter:innen wochenlang mit den Förderansuchen beschäftigen muss, nur um eine kleine Chance auf eine Förderung zu haben, dann geht das eindeutig an der Unternehmensrealität vorbei. Das Ziel muss sein, so viele Unternehmer:innen wie möglich bei der Umsetzung ihrer innovativen und zukunftsfähigen Ideen zu unterstützen. Überbordende Bürokratie wirkt da ziemlich abschreckend.

Das gilt auch für die komplizierte österreichische Gewerbeordnung, der eine schlankere Gestalt gut täte. Viele Gewerbe sind unnötig stark reglementiert und haben erhebliche Hürden für Innovative Unternehmen und Start-ups.

Die öffentliche Hand ist auch gefragt, wenn es um die Mobilität der Mitarbeiter:innen oder um PV-Anlagen und E-Ladestationen im Umfeld des Unternehmens geht. Die Trägheit der Entscheidungsträger:innen ist für Unternehmer:innen oft unverständlich.

Auch im Bereich des Arbeitskräftemangels und der Attraktivierung von sinnstiftender Arbeit gibt es Aufholbedarf. Die Betriebe wollen Menschen an Bord holen, doch manchmal wird es ihnen sinnlos erschwert.

Wir danken allen Unternehmen, die wir auf unserer Kärnten-Tour besuchen durften, und nehmen den Austausch als Ansporn, weiter für die vielen nachhaltigen und innovativen Unternehmer:innen zu arbeiten.