Weniger Stress und mehr Spaß
Nach vier Jahren im Pharmakonzern und sechs Jahren in einer deutschen Unternehmensberatung hatte Hannah genug davon, reiche Menschen reicher zu machen. Aus der Verknüpfung ihrer Erfahrung mit Prozess- und Projektbeschleunigung und persönlicher Wirkungssteigerung entwickelte sie das sustainable FLOW Prinzip: Mehr Wirkung mit denselben Ressourcen – bei weniger Stress und mehr Spaß an der Arbeit.
Sie nutzte die Elternkarenzzeit mit ihrer älteren Tochter, um sich neu zu orientieren und ihre Selbstständigkeit mit Fokus auf Organisationen im Bereich Nachhaltigkeit und Soziales aufzubauen. Seit 2021 ist sie unter der Marke „sustainable FLOW“ selbstständige Organisationsberaterin und Clear Thinking Coach für Leitungspersonen und Teams im Raum Wien. Ihr wichtigster Leitspruch dabei ist: “Probleme liegen am System, nicht an Personen! Finde den Fehler im System!” Das Ergebnis soll zu mehr “wir”, mehr Sinn und mehr Leistung führen – wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
Bei #vordenvorhang erzählt sie von ihrem Weg in die Selbstständigkeit:
Was hat dich inspiriert, dich selbstständig zu machen?
Hannah Nowak: Ich glaube es war 2008, als mein Vater mich bat, für ihn an einer Konferenz in Japan teilzunehmen, weil er sich für die Inhalte interessierte, aber selbst nicht reisen konnte. Also saß ich als einzige Ausländerin unter hunderten Japaner:innen (aus Infrastrukturministerium, Gemeinden, Bau- und Planungsunternehmen) und versuchte so zu tun, als würde ich verstehen, wovon sie sprachen. Erst bei der Führung durch einen Staudamm und der folgenden Präsentation von Initiator Yuuji Kishira ging mir ein Licht auf: Hier hatte eine geniale neue Vorgehensweise für Infrastrukturprojekte unzählige Menschenleben gerettet! Der alte Staudamm war (statt wie für Bauprojekte üblich mehrere Monate zu spät) zwei Monate zu früh fertig renoviert worden – was das darunter liegende Dorf vor Überschwemmung rettete. Denn die Starkregenperiode setzte in dem Jahr früher als erwartet ein. Nach dem ursprünglichen Plan (und erst recht mit der üblichen Verspätung) wäre das Dorf verloren gewesen. Meine Begeisterung war geweckt und schnell erkannte ich, dass da viel mehr dahintersteckte als nur Glück und Projektmanagement. Ich startete mit einer umfassenden Ausbildung in der Theory of Constraints (TOC), auf der die Vorgehensweise in Japan basierte – aber die Anwendung musste warten, denn mein Sicherheitsbedürfnis stellte sich quer.
Es hat dann 10 Jahre in Anstellung und davon 6 Jahre in der TOC-Beratung gebraucht, bis ich entschieden habe, dass es genug ist: Ich will nicht mehr Reiche reicher machen, sondern mit meiner Expertise und Erfahrung zu den aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft möglichst viel beitragen!
Ich war in der Beratungsfirma schon immer die, die über den Tellerrand der Privatwirtschaft hinausgeschaut hat, die von internationalen Anwendungen der TOC im Staatsdienst, im Sozialbereich, in Krankenhäusern und in Schulen geschwärmt hat. Aber ich habe mir lange einreden lassen: Das ist nichts für uns. Dort verdient man kein Geld. Wir brauchen mehr Geld. Aber die Wahrheit ist: Ich brauche nicht viel! Das ist nebenbei auch besser für die Umwelt. Und noch eine Überraschung: Nachdem ich den Schritt gewagt habe, stellt sich heraus: ich bekomme im Sozialbereich oft sogar mehr Geld als in internationalen Konzernen. Weil Einkaufsabteilungen in der Privatwirtschaft meist dafür belohnt werden, die Honorare so niedrig wie möglich zu drücken, während im Sozialbereich oft niedrige, aber faire Standardhonorare gelten, die zuverlässig und schnell bezahlt werden.
Was ist »grün« an deinem Unternehmen?
Erstmal das Logo (lacht). Und natürlich die Grundidee von „sustainable FLOW“, dessen Fokus auf soziale, ökonomische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit gerichtet ist. Mit der Marke “sustainable FLOW” erinnere ich mich und meine Kund:innen an unseren Anspruch: Alles, was wir entwickeln und umsetzen, soll
- messbar mehr FLOW bringen (z.B. 20% schnellere Projekte, +4 konzentrierte Arbeitsstunden/Woche, …),
- ökonomisch nachhaltig sein, also weder finanzielles Risiko noch “zu-Tode-sparen”, sondern eine stabile finanzielle Basis für die Erfüllung der Organisationsmission sicherstellen,
- langfristige nachhaltige Verbesserung sein und
- besser für alle Betroffenen sein. Das betrifft insbesondere Kund*innen und Mitarbeitende, aber auch das gesamte Umfeld und die ganze Gesellschaft.
Klassisch „grüne“ ökologische Nachhaltigkeit, also Schutz unseres Lebensraumes Erde, ist ein wichtiger Teil meiner prinzipiellen Lebenseinstellung. Deswegen achte ich bei jeder Investition darauf, eine möglichst nachhaltige Option zu wählen. Zum Beispiel reparierbares Fairphone statt mit Sklavenarbeit erzeugtes, günstiges Wegwerfhandy, E-Mailhosting und Domainverwaltung CO2-neutral und atomstromfrei in Österreich, fast papierfreies Büro, Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder E-Auto, möglichst nachhaltiges Moderationsmaterial aus Recycling-Material bzw. plastikfreie Alternativen.
Wofür brennst du als Unternehmerin?
Die Wirkung von Organisationen und das Arbeitsleben der Menschen spür- und messbar zu verbessern, besonders dann, wenn zu Beginn niemand daran glaubt, dass große Verbesserungen möglich sind. Das Wichtigste für echten Fokus und große Wirkung ist nämlich nicht: “Entscheide, was zu tun ist”, sondern “Entscheide, was NICHT zu tun ist”. Das habe ich von Dr. Goldratt, dem Erfinder der Theory of Constraints, gelernt. Und das klingt viel leichter, als es in der Praxis ist.
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Vanessa Zwieb
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