Kärnten hat 2014 einen Energiemasterplan beschlossen, dessen Ziel es ist, bis 2025 im Bereich Wärme und Strom und bis 2035 im Bereich des Verkehrs energieunabhängig und frei von fossilen und atomaren Energieträgern zu werden. Laut DI Bernhard Reinitzhuber, Fachexperte für Umwelt- und Energietechnologie, ist das Hauptproblem des Energiemasterplans, dass dieser bisher nicht umgesetzt wurde.
Ziele des Kärntner Energiemasterplans:
- CO2-neutrale und atomfreie Energieversorgung mit Strom bis 2025
- CO2-neutrale und atomfreie Energieversorgung mit Wärme bis 2025
- CO2-neutrale und atomfreie Mobilität bis 2035
Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2023, es bleiben uns also noch zwei Jahre, um eine Unabhängigkeit am Energiesektor im Bereich Wärme und Strom zu erreichen. Und da gab es in den letzten Jahren zahlreiche Versäumnisse. Anstatt Energie zu sparen, ist der Energieverbrauch in vielen Bereichen sogar gestiegen. Wie realistisch ist es, die beschlossenen Ziele noch zu erreichen?
»Ich kann nicht erreichte Ziele doch nicht einfach ignorieren. Entweder muss ich jetzt sehr, sehr rasch Energie sparen, oder ich muss die erneuerbaren Energien entsprechend stärker ausbauen. «
DI Bernhard Reinitzhuber, Fachexperte für Umwelt- und Energietechnologie, bringt die derzeitige Situation auf den Punkt.
Strombedarf in Kärnten steigt
Laut einer Strombedarfsprognose wird in den nächsten Jahren ein deutlicher Anstieg des erwarteten Strombedarfs in Kärnten erwartet, der sogar eine Verdoppelung erreichen kann. Um die Ziele des Energiemasterplans zu erreichen, muss die Produktion erneuerbarer Energien in Kärnten massiv erhöht werden, um Kärnten auch im Winter energieautark zu machen.
Es haben sich seit 2014 einige Rahmenbedingungen geändert. Es ist absehbar, dass die notwendige Energiewende sehr stromlastig werden wird. »Damit muss auch das Wort »jahresbilanziell« aus einer Energieplanung verschwinden, ich muss ja die Energieversorgung zu jedem Zeitpunkt sicherstellen, damit es zu keinem Blackout kommt,« erklärt Reinitzhuber. Derzeit sind wir vor allem in den Wintermonaten noch immer von Energieimporten aus dem Ausland abhängig.
Wir werden unsere Ziele also nur erreichen können, wenn wir schnellstmöglich die Produktion erneuerbarer Energien in Kärnten massiv erhöhen und Kärnten auch im Winter energieautark machen. Das ist eine riesige Wirtschaftschance für den Standort Kärnten, die wir derzeit ungenutzt lassen. Dadurch verliert Kärnten als Wirtschaftsstandort zusehends an Attraktivität.
Versäumnisse
Schuld daran ist vor allem, dass es in den letzten Jahren zahlreiche Versäumnisse in Sachen Umsetzung des Energiemasterplans gibt. Die Landesregierung hat mehrere Evaluierungen des Energiemasterplans heraus gebracht, die deutlich machen, dass in den letzten Jahren unter der zuständigen SPÖ-Landesrätin Sara Schaar die Energiewende in Kärnten völlig verschlafen wurde.
Laut Evaluierung betrug der Endenergiebedarf in Kärnten 2020 nahezu den identen Wert wie im Jahr 2012. Und das, obwohl 2020 aufgrund der Coronapandemie und der Lockdowns in diesem Jahr der Energiebedarf deutlich zurück gehen hätte müssen. Hier sind schon erste Versäumnisse zu erkennen. Dass trotz Pandemie und damit einhergehenden Verkehrsbeschränkungen, stillstehenden Produktionsstätten und Industrieöfen kein deutlicher Rückgang des Energiebedarfs zu erkennen ist, zeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die im Zwischenbericht des Energiemasterplans gezogenen Vergleiche zwischen 2020 und 2012 sind mehr als fadenscheinig, weil es nachweisbar ist, dass der Energiebedarf in Kärnten seit 2014 permanent gestiegen ist und bis 2040, je nachdem welche Prognosen man hernimmt, sich sogar verdoppeln wird.
Der Energiemasterplan sieht sogar eine Energieeinsparung von ca. 20% (moderat) bis 45% (ambitioniert) vor. Hier muss dringend nachgebessert werden.
Im Österreichvergleich
Das Bundesland Kärnten weist im Österreichvergleich den höchsten Anteil erneuerbarer Energieträger am Gesamtverbrauch auf. Dieser Anteil betrug im Jahr 2020 58,8 %. Da ist noch sehr viel Luft nach oben, die Zeit, in der wir die 100% schaffen sollten, ist nicht mehr lang. Wenn man bedenkt, dass der Anteil der erneuerbaren Energieträger in den letzten fünf Jahren in Kärnten jährlich durchschnittlich um 1,24 % gestiegen ist, könnte das Ziel, dass wir eigentlich in den nächsten 2 Jahren erreichen sollten, in ca. 30 Jahren erreicht werden.
»Solange Umweltreferentin Sara Schaar sämtliche innovative Pläne zum rascheren Ausbau erneuerbarer Energien in Kärnten ablehnt und blockiert, ist vermutlich das Ziel des Energiemasterplans in weiter Ferne gerückt. In den letzten 5 Jahren wurde in Kärnten in Sachen Energiewende fast alles verschlafen. Ein Festhalten an alten Mustern, wie es derzeit von der SPÖ praktiziert wird, hat zur Folge, dass die Energiewende nicht gelingen wird.«
Markus Ertel, Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft Kärnten
Windkraftpotential heben
Im Energiemasterplan wurde das Windkraftpotential Kärntens mit 50 Windkraftanlagen ausgewiesen. Derzeit werden in Kärnten 8 Anlagen betrieben, 140 Windräder wären laut IG Windkraft in unserem Bundesland möglich. Da Kärnten speziell im Winter viel Stoß importieren muss, wäre Windkraft eine nachhaltige Lösung, um teure Importe in den Wintermonaten zu stoppen und ganzjährig sauberen Strom zu liefern.
Doch auch hier blockiert die derzeitige Landesregierung die Energiewende. Dabei wäre Windkraft die einzige erneuerbare Technologie, die auch im Winter zur Verfügung steht und beiträgt, den höheren Energiebedarf in der kalten Jahreszeit zu decken. Im Jänner 2022 wurden 234,3 Gigawattstunden (GWh) Strom nach Kärnten importiert, im Februar 2022 waren es 218,9 GWh.
Je mehr Windräder, desto günstiger kann daher auch der Strom für die Bevölkerung werden. Durch fehlende Anlagen werden Kärntnerinnen und Kärntner auch in Zukunft tief in die Tasche greifen müssen um ihre Stromkosten zu bezahlen.
140 Windräder könnten die Energiemenge des Gasbedarfs in Kärnten durch sauberen heimischen Windstrom ersetzen. Die Blockade von Landesrätin Schaar und Landeshauptmann Peter Kaiser sorgen dafür, dass Kärnten auch in Zukunft abhängig von den Strompreisen und Energieimporten bleibt. Eine bilanzielle Jahresdeckung durch erneuerbare Energie wirkt zwar auf dem Papier positiv, aber solange es in Kärnten keinen Jahresspeicher für Energieüberschüsse in den Sommermonaten gibt, bleibt die Energiewende in Kärnten ein Märchen der SPÖ.
Klimawandel erzwingt Stromimporte im Sommer
Kärnten mag zwar in der Vergangenheit jahresbilanziell so viel Strom produziert haben wie verbraucht wurde, doch die Importe im Juli 2022 von 237 GWh und im August 2022 von 155,4 GWh sind ein Alarmsignal für die Zukunft. »So kann sich einfach nicht ausgehen mit der Energiewende«“, kritisiert Markus Ertel. »Das bedeutet für den Wirtschaftsstandort Kärnten sowohl wirtschafts- als auch klimapolitisch ein Desaster!« Um die Ziele des Energiemasterplans zu erreichen, müssen jetzt rasch Maßnahmen ergriffen werden.
Wie kann Kärnten seine Energieziele erreichen?
Um die Ziele des Energiemasterplans zu erreichen, müssen einige wichtige Maßnahmen getroffen werden:
- Ausbau erneuerbarer Energien und der Netzinfrastruktur: Um unabhängiger von Energieimporten zu werden, muss die Produktion erneuerbarer Energien in Kärnten massiv erhöht werden. Dazu gehören Solarenergie – auf Freiflächen und Dächern, Windenergie, Wasserkraft und Biomasse.
- Energiespeicherung: Ein Jahresenergiespeicher ist notwendig, um den Strom, der im Sommer produziert wird, für den Winter zu speichern. So kann Kärnten auch in den Wintermonaten energieautark werden.
- Energieeinsparung: Es müssen Maßnahmen zur Energieeinsparung ergriffen werden, um den Energieverbrauch zu verringern. Dazu gehören Effizienzsteigerungen in Gebäuden, eine Verkehrswende hin zu umweltfreundlichen Fortbewegungsmitteln und eine nachhaltige Lebensweise.
- Investitionen: Es müssen ausreichende Investitionen getätigt werden, um die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehören sowohl öffentliche als auch private Investitionen.
Fazit
Um die Ziele des Energiemasterplans zu erreichen, ist es notwendig, schnell zu handeln. Es müssen Maßnahmen zur Energieeinsparung, zum Ausbau erneuerbarer Energien und zur Energiespeicherung ergriffen werden. Auch im Ausbau der Netzinfrastruktur hinkt Kärnten hinten nach. Viele Photovoltaikanlagen, besonders im ländlichen Raum, konnten bisher nicht im ausreichenden Maß realisiert werden, weil die Netzkapazitäten fehlen. Darüber hinaus müssen ausreichende Investitionen getätigt werden. Die Energiewende bietet Kärnten auch eine große wirtschaftliche Chance, die nicht ungenutzt bleiben sollte.
Es liegt jetzt an der künftigen Landesregierung und der Bevölkerung, ihre Verantwortung zu übernehmen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine CO2-neutrale, atomfreie und energieautarke Zukunft für Kärnten zu schaffen.