Zwar war ich auf allerhand gefasst, als ich am Montag vergangener Woche mit dem Bus nach Wien gefahren bin, um an der 1. Klimakonferenz in der Wirtschaftskammer teilzunehmen. Aber im Nachhinein muss ich gestehen: Ich stehe immer noch unter Schock.
Einen ganzen Tag lang haben sich am Podium (fast nur) Männer gegenseitig darin bestärkt, dass die Vorgaben im Bereich Klimaschutz in Österreich „Überregulierungen vom Feinsten“ seien, ein „Zielfetischismus“, mit dem wir auf eine „Planwirtschaft“ zusteuerten und dergleichen mehr. Eine solche Anzahl von Menschen auf einem Haufen, die anscheinend noch immer nicht begriffen haben, dass beim Klimaschutz der Hut brennt, hat Seltenheitswert.
Man könnte sich amüsieren darüber, dass die WKÖ eine Veranstaltung mit derart viel geballter, von Konzern-Lobbys unterwanderter Ignoranz organisiert und zur allgemeinen Belustigung auch noch „Klimakonferenz“ nennt. Und man könnte die eigenen Hoffnungen in die wenigen anderslautenden Beiträge setzen, wie den von BM Leonore Gewessler zum Auftakt oder die von Lukas Hammer (Grüne) und Franz Maier (Umweltdachverband), die im Abschlusspanel einiges geraderücken konnten. Man könnte – wenn es nicht schon längst höchste Eisenbahn wäre, etwas zu ändern.
Glaubt man in der WKÖ wirklich, die auf dieser „Klimakonferenz“ vorgebrachten fortschrittsfeindlichen Positionen seien ein Abbild der Wirtschaftstreibenden in unserem Land?
Wenn ich mit anderen Unternehmer:innen ins Gespräch komme, erlebe ich das komplette Gegenteil. Ja, viele thematisieren die Probleme mit den gestiegenen Energiekosten, die für manche inzwischen existenzbedrohend sind. Genauso die Kollektivvertragsabschlüsse, die Geschäftsraummieten, Versicherungen und alle anderen Fixkosten, die mit den Indexanpassungen steigen.
Doch trotz all dieser Schwierigkeiten stehen die Unternehmer:innen zu den Klimazielen. Ich spreche mit sehr vielen von ihnen und treffe nur ganz selten jemanden, der – wie es die vom ÖVP-Wirtschaftsbund dominierte Wirtschaftskammer regelmäßig fordert – die CO2-Bepreisung aussetzen, die Mineralölsteuer und die Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel senken und Umweltverträglichkeitsprüfungen abschaffen will.
Die Unternehmen haben erkannt, dass sie investieren müssen, um der verhängnisvollen Abhängigkeit von Öl und Gas zu entfliehen. Sie steigern die Effizienz, wo immer es geht und suchen nach Energiesparmöglichkeiten. Sie wollen im Einklang mit Umwelt und Natur wirtschaften.
Ein zeitgemäße WKÖ würde diese Potentiale erkennen und aufgreifen: Sie würde klar aufzeigen, wohin die Reise geht; sie würde Förderungen vorantreiben, um die notwendigen Investitionen zu erleichtern; und sie würde Schulungen und Unterstützungen anbieten. Denn das ist es, was die Unternehmer:innen brauchen.
Wir kämpfen weiterhin dafür, dass die WKÖ-Spitze endlich ihren Glaspalast verlässt und die Unternehmen unterstützt, die sich mit mutigen Entscheidungen und innovativen Ideen auf den Weg in die Zukunft gemacht haben.
Da bleiben wir standhaft – auch wenn wir noch manchen Schock verdauen müssen.
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft