WAS UNS BEWEGT #WUB
Was bewegt dich? Was bewegt mich? Darüber macht sich unser Regionalsprecher August Lechner regelmäßig in seinem Meinungsbeitrag Gedanken …
Ich, Rom und »Die Grenzen des Wachstums«
1972 war es mir ja noch nicht so ganz bewusst: Unser Wachstum hat Grenzen. Ich, damals gerade geboren, durfte erleben wie aufregend es ist, sich fortwährend weiterzuentwickeln. Eben noch auf allen Vieren ging es Schlag auf Schlag, immer höher, immer schneller. Es ist uns Menschen also in die Wiege gelegt – auf jeden Fortschritt folgt der Applaus. Kein Wunder, dass der Katzenjammer groß ist, wenn die Wachstumskurve plötzlich steil nach unten zeigt und unsere Kräfte schön langsam flöten gehen.
Kehren wir aber nochmals zurück ins schöne Jahr 1972. Gerade als ich begann mir dieses Ding – also diese Welt hier – näher anzusehen und mich weiters dazu entschloss, mich hier so richtig toll zu entwickeln, da störte so ein Thinktank namens »Club of Rome« die menschliche und letztendlich auch meine ganz persönliche Idylle.
»Die Grenzen des Wachstums« so lautete der provokante Titel einer Studie, die ausgerechnet der Autohersteller Volkswagen 1972 in Auftrag gab. Auf den Punkt gebracht lautete die Prognose:
Wenn Unternehmen und Regierungen ohne Rücksicht auf die Kosten weiterhin ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum anstreben, ist der Niedergang oder Zusammenbruch der industriellen Zivilisation früher oder später unausweichlich.
Heute, 50 Jahre später können wir uns auf die Schulter klopfen – Business As Usual – keine Änderung und die Welt steht immer noch. Zeit für mich, mir diese Studie etwas näher anzusehen. Damals prognostizierte man ein weltweites Wirtschaftswachstum bis in die 2040er Jahre hinein und erst danach sah man einen Absturz; dieser würde dann aber umso heftiger ausfallen! Vertieft in die Zahlen muss ich leider feststellen: Wir liegen momentan verdammt nahe an den prognostizierten Zahlen.
»Jetzt bauen Sie schön langsam ab, Herr Lechner« so mein Hausarzt bei der letzten Vorsorgeuntersuchung. »Mit einem halben Jahrhundert ist es nun Zeit regelmäßig Kontrollen durchzuführen. Im Großen und Ganzen stehen Sie ja gut da – Fit wie ein Turnschuh, sozusagen.« Die Zeichen stehen gut für mich. Das verdanke ich vor allem den vielen Ressourcen, welche mir heute ganz selbstverständlich zur Verfügung stehen. Oma und Opa hatten es da doch bedeutend schwieriger.
Also wieso nicht ein bisschen an den Schrauben drehen, die Computersimulation mit anderen Zahlen füttern: Gleich mal doppelt so viel Ressourcen eingeben. Mal ehrlich, das könnte doch sein, oder? Irren ist doch bekanntlich menschlich. Und was wussten die Forscher im Jahr 1972 schon? Mit Spannung erwarte ich das Ergebnis … (Trommelwirbel) … na sowas, keine bedeutende Besserung. Gerade einmal bei der Nahrungsmittelversorgung haben wir dadurch Vorteile. Ansonsten lautet das ernüchternde Ergebnis der Berechnung:
Wachstumsstopp in etwa einem Jahrzehnt, wenn wir nicht …
Yoga, Gehirntraining, Ruhephasen. Ja, mach ich alles, versprochen – von allem etwas – dann werden sich für mich 100 Jahre ausgehen. Das ist zwar weit entfernt vom ewigen Leben, aber was ist schon ewig? Bekanntlich existiert unser Universum ca. 26 Milliarden Jahre und endet somit in 13 Milliarden Jahren. Ist das die Ewigkeit? Na sowas: Halbzeit für mich – Halbzeit fürs Universum … aber nur, wenn wir alle Chancen nutzen.
Und auch für unsere Gesellschaft gibt es Möglichkeiten den vorhergesagten Kollaps zu vermeiden. Der Club of Rome gibt eine eindeutige Empfehlung ab: Sorgen wir für eine stabilisierte Welt. Eine Welt, deren Gesellschaft ihre Prioritäten ändert. Ziel wäre eine bewusste Entscheidung, die Industrieproduktion zu begrenzen, zugunsten der Förderung von Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen. Nur so schaffen wir es, dass die Bevölkerungszahlen nicht weiter explodieren und die Wirtschaft mit den vorhandenen Ressourcen auskommt.
Gerade turne ich am Boden herum und begrüße mein neues halbes Jahrhundert. Mein Kreuz wird es mir danken. Warum habe ich nicht schon viel früher damit begonnen? Es braucht keine Regierung, keinen Arzt und keine Verbote um uns am »Schrei nach immer mehr« zu hindern.
Schön langsam dämmert es mir – es braucht unser Glück in anderen Dingen.
Jetzt ist es fix! Morgen geh’ ich ganz groß einkaufen: Sicherheit, Wahrheit, Barmherzigkeit, Gesundheit und Freiheit. Sollte fürs erste reichen, um langfristig mit weniger viel glücklicher zu sein.
August Lechner
Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft NÖ