Ein Beitrag aus unserer Blogreihe »Zukunftsfähig Wirtschaften«

Unsere Energiezukunft

Nicht nur die drohende Klimakatastrophe, sondern auch die aktuelle geopolitische Lage fordern eine drastische Veränderung des Energiesystems und des -verbrauchs. Die unmittelbare Krise betrifft den Ausstieg aus von Russland gelieferten fossilen Energien. Die langfristige Perspektive der Klimakrise fordert den generellen Abschied aus fossilen Energieträgern. Dazwischen liegen die viel zu wenig genutzten Chancen von radikalen Innovationen zur Bewältigung der durch die Pandemie verursachten Krise. Dazu kommen die immer drängenderen sozialen Krisen durch die Energiepreissteigerungen. Welche Strategien brauchen wir, um Energiesicherheit, die Einhaltung der Klimaziele und den Schutz der Umwelt zu gewährleisten?

Wieviel Energie verbrauchen wir in Österreich und woher kommt sie?

Der österreichische Energieverbrauch lag 2019 gesamt bei ca. 335 TWh pro Jahr und lässt sich, wie aus der Grafik hervorgeht, in die Sektoren Wärme, Mobilität und Strom unterteilen. Der Wärmesektor macht mit 158 TWh rund 47 % des Gesamtverbrauchs aus. Die dafür benötigten Energiequellen kommen ca. zu einem Drittel aus erneuerbaren Energiequellen; die verbleibenden zwei Drittel werden durch konventionelle, meist fossile Energieträger bereitgestellt. Der Mobilitätssektor ist mit rund 31 % (104 TWh) der zweitgrößte Sektor gemessen am Energieverbrauch; die Energie wird zum Großteil (90 %) aus fossilen Energieträgern bezogen – der Anteil an Erneuerbaren im Sektor Mobilität liegt nur bei 10 %. Dem dritten Sektor, dem Stromsektor, können rund 22 % (73 TWh) des Energieverbrauchs zugerechnet werden, wobei davon rund 75 % aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Wenig überraschend braucht es für die Energiewende vor allem in den Bereichen Mobilität und Wärme deutlich ambitioniertere Maßnahmen.

Energieverbrauch Österreich

Die drei Säulen der Energiezukunft in Österreich.

Neben einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Diversifizierung der Energieträger ist Energie-Effizienz die dritte Säule einer zukunftsfähigen Energiestrategie. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) sowie das Wegener Center der Universität Graz haben in den letzten Jahren in diversen Publikationen immer wieder die verstärkte Einbeziehung der Verbrauchsseite, und damit das Potential des Energiesparens, betont. Um die Klimaziele zu erreichen, wird die alleinige Substitution der bestehenden Energiequellen nicht ausreichen. Das liegt zum einen an den Herausforderungen, die beim Ausbau von erneuerbaren Energien bestehen, unter anderem aber auch an noch fehlenden Technologien für Hochtemperaturapplikationen im industriellen Bereich. Zum anderen führen erneuerbare Energiequellen in einigen Bereichen nur dann zu Vermeidung von Emissionen, wenn sich damit einhergehend auch das Verhalten ändert.

Fokus auf Energie-Effizienz und Energieeinsparen.

Der Umweltökonom Stefan Schleicher vom Wegener Institut weist darauf hin, dass Effizienz- und Einsparungsmaßnahmen in den unterschiedlichen Sektoren der Energieverbrauch um die Hälfte reduzieren können. Die untenstehende Grafik zeigt auch deutlich, dass bei Reduktion des Endenergieverbrauchs ein weitaus geringerer Anteil an fossilen Energieträgern substituiert werden muss. Jede Kilowattstunde, die wir nicht verbrauchen, muss erst gar nicht erzeugt werden! Je schneller wir die Transformation schaffen, desto schneller können wir das Ziel Netto-Null-Emissionen bis 2040 erreichen. Die Darstellung zeigt die verwendeten und bereitzustellenden Energiemengen in %.

Energiezukunft Österreich

Wo und wofür wird Energie gebraucht, um welche wohlstandsrelevanten Funktionalitäten zu erfüllen?

Viele der geläufigen Ziele zur Beurteilung von Energiesystemen wie geringe TreibhausgasEmissionen, mehr Energieeffizienz und ein höherer Anteil von Erneuerbaren im Energiemix haben Mängel: Sie werden meist isoliert gewählt und machen nicht ausreichend sichtbar, mit welchen Strukturen des komplexen Energiesystems diese Ziele erreichbar sind. Deshalb sollte für Energiestrategien ein umgekehrter Weg eingeschlagen werden: Wieviel und welche Energie benötigen wir für unsere wohlstandsrelevanten Bereiche (Funktionalitäten), wie die Gebäude, die Maschinen, die Fahrzeuge sowie für die Anlagen zur Transformation von PrimärEnergie? Ausgehend von dieser Fragestellung sehen wir gerade in den energieintensiven Bereichen Mobilität und Gebäude großes ungenütztes Einsparungspotential. Dieses basiert zum einen auf effizienten Technologien, zum anderen auf Verhaltensänderungen. 

Fazit

Sowohl seitens der Politik als auch seitens aller Haushalte und Unternehmungen bedarf es für eine positive Energiezukunft in Österreich großer Anstrengungen. Dabei gilt es folgendes zu beachten:

  • Neben einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Diversifizierung der Energieträger ist das Energieeinsparen die dritte Säule einer zukunftsfähigen Energiestrategie. Je mehr wir den Energieverbrauch senken, desto weniger fossile Energieträger müssen ersetzt werden. Die einseitige Fokussierung auf die vollständige Substitution der verbrauchten Energiemenge, ohne Einsparungs- und Effizienzmaßnahmen zu berücksichtigen, wird nicht ausreichen.
  • Alle Funktionalitäten, wie Mobilität, Wärme, Strom, müssen systemisch betrachtet werden und dann gezielt Maßnahmen zur Energieeinsparung und Energieeffizienz gesetzt werden.
  • Diese radikale Transformation im Energiesektor benötigt einen ausreichend dotierten Energieeffizienzfonds und einen Austrian Innovation and Transition Fonds.
  • Und es gibt No GOes für die Zukunft: wie die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Senkung der Energieabgaben, den undifferenzierten Energiekostenausgleiches, die Verschiebung der CO2-Bepreisung und die Höhe sowie die Verwendung der Mittel des Klimabonus.

 

Helene Zand im Juli 2022

Links:

Stefan Schleicher, Professor am Wegener Center für Klima und globalen Wandel an der Karl-Franzens-Universität Graz: https://stefan.schleicher.at/wp-content/uploads/2019/01/SchleicherStefan_

Statistik Austria, Energiebilanzen: https://www.statistik.at/statistiken/energie-und-umwelt/energie/energiebilanzen

Welche Zukunft für Energie und Klima? Eine Studie des Wifo: https://energyfutures.net/assets/docs/WIFO-EnergieKlimaStrategien_Aussagen_201805.pdf

Systemische Perspektiven zur Energieeffizienz: Eine Studie des Wifo: https://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument.jart?publikationsid=67076&mime_type=application/pdf

Energiekrise was tun? Verhaltenswissenschaftliche Empfehlungen: Eine Studie des IHS: https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/6234/1/ihs-policy-brief-2022-gangl-et-al-energiekrise-was-tun.pdf