Weshalb Bewegung wichtig ist und warum es sich auszahlt dafür, von einem Grätzl ins nächste zu radln? Was macht Mamanet Austria? Wie können Frauen, Frauen stärken?

Ein Text von Maria Schönswetter

Wie wichtig mobilisierende Bewegungen für unseren Körper sind, merken wir spätestens nach dem stundenlangen Sitzen vor dem Schreibtisch am PC, dem langen Stehen an der Werkbank, den immer gleichen Tätigkeiten und durch einseitige Belastung.

Ausgleichssport und ausgleichende Bewegung tut gut und bringt den Körper wieder in Balance. Welche Sportart bzw. Mobilisierung für einen die Passende ist, ist eine individuelle Entscheidung. Die Auswahl an Angeboten ist groß und oft zahlt es sich aus, für die richtige Einheit von einem Grätzl ins nächste zu radln. Ein Schnuppertraining erweist sich als willkommene Chance, die Sportart, die Trainerinnen und die Teamplayerinnen kennenzulernen.

Was ist Mamanet Austria?

Copyright DIENER / Eva Manhart

Mamanet mit der Sportart Cachibol ist ein Bewegungskonzept für Mütter in jedem Alter, aber auch Frauen ab 30 ohne Kinder, das weltweit umgesetzt wird. 2015 wurde der Verband »Mamanet Austria – Sportverband für Mütter und alle Frauen ab 30« in Wien gegründet. Cachibol ist dem Volleyball sehr ähnlich. Es gibt einfache Regeln: Der Ball wird gefangen und geworfen. Es ist ein einfaches Spiel, das sofort großen Spaß macht. Seinen Ursprung hat Mamanet/Cachibol 2005 in Israel genommen, seitdem spielen mehr als 26.000 Frauen weltweit diese Sportart. In Österreich sind es rund 600 Frauen und sogar 250 Kinder.

Wie wird Cachibol gespielt? 

Cachibol wird in einem Volleyballfeld mit einem Netz gespielt. Es gibt sechs Spielerinnen pro Feld und Ersatzspielerinnen können eingewechselt werden. Begonnen wird das Spiel mit einem Service, dazu wird der Ball in einer Drehbewegung im Stehen über das Netz geschleudert. Der Ball wird gefangen und innerhalb einer Sekunde weitergespielt. Mit dem Ball darf nicht gelaufen werden. Nach der dritten Berührung muss der Ball das eigene Feld wieder verlassen. Gespielt wird, bis eines der beiden Teams 21 Punkte erreicht hat. Danach gibt es noch eine zweite Runde. Diese einfachen Basics ermöglichen jeder Beginnerin den schnellen Einstieg – und schon kann das Training beginnen. Vor jedem Spiel wird aufgewärmt, gedehnt und die Muskulatur wird durch geeignete Übungen gekräftigt. Danach fangen die leichten bis schwierigen Ball- und Koordinationsübungen an. Zwei Drittel der Zeit wird für das Spielen verwendet.

Es gibt neun Wiener Gruppen, die in acht verschiedenen Bezirken (z.B. Leopoldstadt, Alsergrund, Meidling, Brigittenau, etc.) wöchentlich trainieren. Für die Saison 2021/22 haben sich elf Teams für drei regionale Ligen gemeldet.

Trainiert werden die Frauen und Mütter von Frauen und Müttern. Einige davon haben als Spielerinnen angefangen und nach einiger Zeit die Trainierinnenausbildung gemacht. Das ist leicht und geht in einem Wochenende. Die Trainingseinheiten finden nicht nur in Turnsälen und Sportstätten, sondern auch direkt in Frauenhäusern, Fluchteinrichtungen, Zentren der Caritas, in der Justizanstalt Schwarzau (Frauengefängnis) o.ä. statt.

Ein besonderer Vorzug dieser Sportart ist, dass sie den Spaß an der Bewegung leicht mit sozialen oder integrativen Ansprüchen verbinden lässt. Frauen kennenlernen, den Körper in Schwung bringen und sich in der Folge kräftiger fühlen – all das geht Hand in Hand und macht Mamanet Austria zu dem, was es ist.

Wie Frauen, Frauen stärken?

Das Ziel, das hinter Spaß und Training steht, ist den Einstieg und Wiedereinstieg in den Sport und damit verbundener regelmäßigen Bewegung für Mütter und Frauen leicht und ansprechend zu machen. Um die Frauen einzeln zu fördern, gibt es gezielte Trainingseinheiten. Der soziale Aspekt bei Mamanet ist wichtig und soll für alle spürbar sein.

Es ist auch meist möglich, in die Trainingseinheiten die Kinder mitzunehmen, falls es zu Hause keine Betreuung für sie gibt. Die Kinder haben eine eigene Kinderbetreuerin, die mit ihnen Sport macht, oder machen beim Aufwärmtraining mit, schauen zu, setzten sich in eine Ecke und spielen oder übernehmen die wichtige Aufgabe der Schiedsrichterin.

»Finanzielle und/oder familiäre Bedingungen bzw. auch religiöse Hintergründe schränken Mütter bei sportlichen Aktivitäten ein. Daher spricht Mamanet gezielt Frauen an, die von sich selbst nicht glauben, sportlich zu sein und versucht die Rahmenbedingungen (z.B. kostengünstige Angebote, Kinderbetreuung, Training nahe zum Wohnort, wenn nötig: keine Männer anwesend) für eine nachhaltige Teilnahme zu schaffen.«, heißt es auf der Homepage.

Elisabeth Speiser-Havel und Christina Gschweidl trainieren abwechselnd die Dienstagsgruppe im Turnsaal der GTVS, der Robert-Blum-Gasse 2 in 1200 Wien. Außerdem sind sie beide für den laufenden Betrieb des Verbands zuständig. Sie organisieren die Gruppen, veranstalten diverse Turniere, koordinieren Sozialprojekte und machen alles, was notwendig ist.

Foto: Eva Ellersdorfer

Zwischen den Grätzln, hin und her!

Um den Zusammenhalt innerhalb der Teams und unter Frauen auch gruppenübergreifend zu stärken, werden Turniere im In- und Ausland veranstaltet wie z.B. das jährliche »ASVÖ I am aware-Turnier«. Da spielen alle Teams mit, die sich dafür anmelden, unabhängig davon, ob sie in Wien sind oder nicht. Es können auch nur einzelne Spielerinnen aus anderen Gruppen mitspielen. Diese suchen sich für die Zeit des Turniers ihre Lieblings-Gruppe aus. Bei diesen Turnieren steht das Gemeinsame und die Freude am Spielen an erster Stelle und nicht der Sieg. Bei dieser Gelegenheit können auch Schiedsrichterinnen-Prüfungen abgelegt werden. Am Ende des Turniers werden alle Gruppen geehrt und man bedankt sich bei den Sponsor:innen, den Trainerinnen und bei allen die mitgespielt haben und es wird ein Gruppenfoto gemacht.

Netzwerken

Vor, nach und auch zwischen den Trainingseinheiten bleibt oft ein bisschen Zeit, um sich auszutauschen, den Mitspielerinnen Fragen zu stellen oder um herauszufinden, was die Anderen so machen. Womit verdienen sie ihr Geld? Was sind so ihre Hobbies? Haben sie nach dem Training noch etwas vor? Welche Gerichte werden gerne gekocht und gegessen oder wie es ihnen in der Corona Pandemie geht?

Kürzlich hat eine der Mitspielerinnen den Anderen aus der Gruppe von ihrem neuen Foodchannel auf YouTube erzählt und um Likes gebeten. Sie kocht ihre Lieblingsgerichte, aus ihrer Heimat, zum Nachkochen und filmt sich dabei. Die Rezepte sind zweisprachig auf Arabisch mit deutschen Untertiteln.

Der Austausch zwischen den Frauen und Müttern ist rege, manchmal entstehen dadurch neue Projekte und Kooperationen. Ideen werden ausgetauscht und zur Umsetzung gebracht. Bewegung auf vielen Ebenen findet statt:

»Es ist wieder Dienstag und es ist Zeit mit dem Rad über die Floridsdorfer Brücke in die Brigittenau zu radeln. 20 Minuten später stehe ich vor der Robert-Blum-Gasse 2. Ich ziehe mir FFP2-Maske über und geh hinunter in die Garderobe. Das Training fängt pünktlich um 19 Uhr an. Bevor ich die Halle betreten kann, muss ich meine Hallenschuhe anziehen. Gleich geht es los mit der Bewegung und ich bin gespannt, wer heute von den Frauen da sein wird und freue mich schon, einige von ihnen zu sehen.«

Anfangs sollte es nur eine Schnupperstunde werden. Gemeinsam mit den Frauen der Grünen Wirtschaft etwas Neues ausprobieren, das war der Plan. Cachibol und Mamanet Austria waren mir bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt, aber das hat sich wohl geändert.

Direkte Informationen:

Generalsekretärin Elisabeth Speiser-Havel
T: +43 699 119 42 346
E: speiser@mamanet.at
www.mamanet-austria.at

An welchen Tagen und welchen Orten trainiert wird, ist auf der Mamanet-Webseite nachzulesen.