Wir erinnern uns: Bei den Wirtschaftskammerwahlen im März 2020 ist es in mehreren Bundesländern zu Wahlkartenfälschungen und damit zu systematischem Wahlbetrug gekommen. Ermittelt wurde und wird gegen Vertreter:innen des Wirtschaftsbunds (ÖVP), der Freiheitlichen Wirtschaft (FPÖ) und des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands (SPÖ). Im Burgenland kam es letzte Woche zur ersten echten Verurteilung in der Causa – in Oberösterreich gab es zuletzt eine Diversion.

Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft dazu: »Wahlen müssen fair und korrekt durchgeführt werden, sonst ist die Demokratie in Gefahr. Bei der WK-Wahl 2020 wurde systematisch Wahlfälschung betrieben. Damit ist klar, dass die Regelungen im Wirtschaftskammergesetz unzureichend sind – der ÖVP-Wirtschaftsbund verweigert aber bisher die Diskussion. Wir fordern weiter eine Reform des Wahlrechts und bestehen auf der Wiederholung der Wahl in den betroffenen Fachgruppen!«

Hier die Chronologie im Detail:

Burgenland

  • Anfang März 2021 war beim Bezirksgericht Neusiedl das erste Verfahren gegen einen Wirtschaftskammerfunktionär des ÖVP-Wirtschaftsbundes und seine Frau nicht rechtskräftig diversionell erledigt worden. Das Gericht hatte beide Angeklagte zur höchstmöglichen Geldstrafe verurteilt.
  • Dagegen hat die Staatsanwaltschaft jedoch Beschwerde erhoben. Begründet wurde das mit dem ihrer Ansicht nach nicht ausreichend hohen Strafausmaß – denn der Angeklagte war gewählter Funktionär der Wirtschaftskammer sowie Wahlzeuge, weshalb die Wahlmanipulation deutlich schwerer wiegt. Eine Diversion werde der Schwere des Vergehens nicht gerecht.
  • Im Juni 2021 wurde bekannt, dass das Landesgericht Eisenstadt Mitte Mai der Beschwerde Folge gegeben hat. Somit musste das Verfahren am Bezirksgericht Neusiedl neu verhandelt werden.
  • In der Begründung der Entscheidung stellt der zuständige Richter des Landesgerichts Eisenstadt klar fest, dass er sich der Argumentation der Staatsanwaltschaft anschließt. Freie und unbeeinflusste Wahlen stellen den »Grundpfeiler eines demokratischen Rechtsstaates dar«. Jede Manipulation ist daher »höchst unerwünscht« und eine Diversion nur in »besonderen Ausnahmefällen« möglich.
  • Im September 2021 wurde die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten fortgesetzt. Er wurde schuldig gesprochen, zu einer Geldstrafe verurteilt und trägt zudem die Kosten des Gerichtverfahrens. Das Urteil ist gültig, weil der Angeklagte auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet hat.

»Klar ist nun, dass Wahlbetrug kein Kavaliersdelikt ist! Damit Fälschungen in Zukunft erschwert und faire Wahlen möglich werden, braucht es eine Reform des Wirtschaftskammerwahlrechts und der Briefwahl. War nicht Fairness mal ein Schlagwort der Wirtschaft?!«, so Anja Haider-Wallner, Regionalsprecherin der Grünen Wirtschaft Burgenland, die den Wahlbetrug aufgedeckt hat. Offen ist die Reaktion der Wirtschaftskammer Burgenland. Der wegen Wahlbetrug verurteilte Mandatar sitzt weiterhin im Fachgruppenausschuss, ebenso wie andere Vertreter:innen des Wirtschaftsbunds und des SWV, gegen die noch ermittelt wird.

Oberösterreich

Auch in Oberösterreich standen im Juni zwei Funktionär:innen der Freiheitlichen Wirtschaft wegen Wahlmanipulation vor Gericht. Das Ehepaar bekam eine Diversion und eine saftige Geldstrafe. Mehr dazu gibt’s hier nachzulesen. Bernhard Seeber, Regionalsprecher der Grünen Wirtschaft Oberösterreich, wird bei der Hauptwahlkommission eine Wahlwiederholung fordern.