Skandal wäre zu verhindern gewesen, Aufsichtsbehörde hat versagt, Wahlrechtsreform unabdingbar

Wahlbetrug bei WK-Wahl 2020 weitet sich aus – Schramböck muss handeln

Der Wahlkartenbetrugsskandal bei den Wirtschaftskammerwahlen vom März 2020 wäre zu verhindern gewesen.

Bereits im November 2019, also vor der Antragsfrist zur Ausstellung der Wahlkarten, hat die Grüne Wirtschaft darauf hingewiesen, dass bei den vergangenen Wirtschaftskammerwahlen von mehreren Fraktionen ein sogenannter „Wahlkartenservice“ angeboten wurde. Dabei wurde quasi eine Briefträger*innenfunkton übernommen, indem die Wähler*innen ihre Wahlkartenantragsformulare an die politischen Fraktionen übermittelten – teils per Email, teils durch persönlichen Besuch von Vertreter*innen der nun beschuldigten Fraktionen (ÖWB, FW, SWV). Damit sammelten diese die Daten über die beantragten Wahlkarten, um nach Zustellung der Wahlkarten abermals mit den Unternehmer*innen in Kontakt zu treten, um ihnen beim Ausfüllen ihrer Wahlkarten „behilflich“ zu sein. Es soll sogar immer wieder vorgekommen sein, dass die Wahlkartenkuverts persönlich abgeholt wurden, anstatt diese per Post an die zuständigen Landeskammern zu senden.

Antrag an das Erweiterte Präsidium der WKÖ bereits im November 2019!

Sabine Jungwirth, Bundesprecherin der Grünen Wirtschaft, hat deshalb im Erweiterten Präsidium der WKÖ am 13.11.2019 einen Antrag mit folgendem Beschlusswortlaut eingebracht:

Das Erweiterte Präsidium möge daher beschließen:

Die Wähler*innengruppen werden aufgefordert, auf das Einsammeln von Wahlkartenanträgen und Wahlkarten in den Betrieben zu verzichten. Diese sollen von den Wählenden ausschließlich direkt an die Wirtschaftskammer übermittelt werden.

„Die Spitzenvertreter der nun beschuldigten Fraktionen , die alle im Präsidium der WKÖ sitzen, haben mir in der Debatte ausführlich zu erklären versucht, warum ihr „Serviceangebot“ für das Gelingen der Wirtschaftskammerwahl quasi unverzichtbar ist und sie die Ansicht vertreten, dass sie damit einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Wahlbeteiligung leisten.“ erzählt Sabine Jungwirth. Und weiter: „Im Lichte dieser Ausführungen wird klar, warum sich die drei Fraktionen ÖWB, SWV und FW knapp vor der Wahl eine zusätzliche Finanzspritze gegönnt haben. Das Briefträger*innenspielen braucht eben auch Ressourcen.“ (Anm.: Die Grüne Wirtschaft hat kürzlich aufgedeckt, dass die Präsidiumsfraktionen der WKÖ hinter verschlossenen Türen knapp vor der WK-Wahl zusätzliche Finanzmittel erhalten haben – hier geht’s zur Presseaussendung.)

Den Antrag wollten ÖWB, SWV und FW freilich nicht annehmen.

Wahlrechtsreform und strenge Kontrolle durch Aufsichtsbehörde notwendig

Im Zuge der Ermittlungen wurde festgestellt, dass neben Funktionär*innen auch Personal der Wirtschaftskammer an den Manipulationen beteiligt war. Außerdem wurden die Wahlbehörden nur in wenigen Ausnahmefällen wie z.B. in Kärnten von sich aus aktiv – teils gar nicht, teils erst Tage nach dem Einbringen von Sachverhaltsdarstellungen der Grünen Wirtschaft. Auch die Aufsichtsbehörde hat hier versagt. Die Grüne Wirtschaft hat zudem weitere Auffälligkeiten in anderen Bundesländern entdeckt.

An einer Reform des Wahlrechts, das Wahlkartenmanipulationen künftig ausschließt, und einer lückenlosen Aufklärung führt kein Weg vorbei. Hier ist auch Bundesministerin Margarete Schramböck gefordert, die als politisch Verantwortliche für die Klärung der Rolle der Aufsichtsbehörde zuständig ist., adressiert Sabine Jungwirth auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Und weiter: Die Grüne Wirtschaft prüft derzeit weitere Anzeigen wegen Wahlbetrugs und Amtsmissbrauchs.

 


Fotocredits Titelbild: © Wirtschaftskammer Österreich