Es braucht eine Reform der Arbeitslosenversicherung für Unternehmer*innen.
Die tiefen Einschnitte in die Auftragslage und Einkommenssituation vieler EPU und Kleinstselbständigen in Folge der Coronakrise führen zu massiver Verunsicherung. Wie geht es weiter? Wird mein Unternehmen die kommenden Krisenmonate überstehen? Kleinstselbständige haben häufig keine Reserven für Krisenzeiten. Dazu sind die Abgaben auf den Faktor Arbeit einfach zu hoch.
Für manche könnte es zur Überbrückung hilfreich sein, auf die Arbeitslosenversicherung zurückzugreifen. Viele haben einen Anspruch aus Zeiten der unselbständigen Erwerbstätigkeit vor der Unternehmensgründung. Allein: Die bestehenden Regelungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz sind für selbständig Erwerbstätige weit weg von der unternehmerischen Praxis und verunmöglichen daher oft ein Comeback.
Unsere Initiative im Wirtschaftsparlament
Die Grüne Wirtschaft wird im kommenden Wirtschaftsparlament eine Initiative starten, bei der es um eine Reform der Arbeitslosenversicherung der Selbstständigen geht, die sich entlang der unternehmerischen Praxis orientiert. Wir werden mit diesem Vorschlag auch an die Bundesregierung herantreten.
Die aktuelle Regelung ist realitätsfremd und unpraktikabel
Die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung reichen nicht immer aus um diese schwierige Phase durchzustehen. Viele empfinden das allmonatliche Stellen von Anträgen an die Wirtschaftskammer beim Härtefallfonds als Demütigung. Oft sind auch die entlang komplexer Berechnungsmethoden errechneten Zuschüsse am Ende trotzdem zu gering um über längere Zeit davon zu leben. Deshalb gilt es auch die Arbeitslosenversicherung so anzupassen, dass diese eine Möglichkeit zur Überbrückung bietet.
Das Ziel einer Arbeitslosenversicherung muss neben der finanziellen Absicherung der Unternehmer*innen vor allem darin liegen, diesen nach einer Krise den Weg zurück in den Beruf zu ermöglichen. Viele wollen nämlich ihre Unternehmen weiterführen. Die im aktuellen System vorgesehene Bedingung, den Gewerbeschein abzumelden oder eine Ruhendmeldung vorzunehmen, steht diesem Ziel diametral entgegen. Zwar lassen manche(!) AMS eine selbständige Tätigkeit in geringfügigem Ausmaß weiter zu, die vorgesehenen Berechnungsmethoden zur Einkommens- und Umsatzermittlung sind aber weit weg von der unternehmerischen Realität und führen am Jahresende regelmäßig zu einem bösen Erwachen, wenn plötzlich festgestellt wird, dass die Einkommensgrenzen nicht lt. den komplexen Bestimmungen eingehalten wurden. Zu viele Fallen hat das derzeitige System: So ist z.B. bei der Einkommensermittlung nicht vorgesehen, die Sozialversicherungsbeiträge als betriebliche Ausgabe zu verbuchen. Ein klarer Fall von Unverständnis für die sozialversicherungsrechtliche Realität von Unternehmer*innen.
Eine weitere Tücke im aktuellen System ist die nur begrenzt wirksame Möglichkeit, Ansprüche auf Arbeitslosenunterstützung aus einer früheren unselbstständigen Tätigkeit mitzunehmen. Die Regelung sieht vor, dass dies nur dann unbefristet möglich ist, wenn die Unternehmensgründung vor dem 1.1.2009 erfolgt ist. Diese unnötige Regelung verschärft die Lage für „jüngere“ Gründer*innen, die in Krisen sowieso besonders hart getroffen werden. Eine Anpassung des Zugangs zum Arbeitslosengeldanspruch wäre daher dringend notwendig.
Freiwillige Arbeitslosenversicherung der Selbständigen: ein Rohrkrepierer
Als Alternative für jene, die keine Ansprüche aus Zeiten vor der Unternehmensgründung haben, wurde 2009 ein Modell der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige geschaffen. Laut Medienberichten haben seit der Gründung 2009 jedoch nur rund 1000 Personen in Österreich die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen. Diese niedrige Zahl zeugt davon, wie realitätsfremd und unpraktikabel diese aktuelle Regelung ist. Auch hier muss mittelfristig über neue Wege diskutiert werden.
Sabine Jungwirth
Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft