Am 19.11.2019 tagt das Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Salzburg. Wir fordern, dass sich die Wirtschaftskammer bei den Regierungsverhandlungen für eine aufkommensneutrale ökologische Steuerreform einsetzt, die folgende Punkte umfassen muss:

  • Einen klaren Zielpfad, wie sich der CO2-Preis entwickeln wird, gekoppelt mit einem Ökobonus-Modell
  • Die schrittweise Reduktion umweltkontraproduktiver Förderungen
  • Eine deutliche Entlastung des Faktors Arbeit, zugleich eine stärkere Belastung des Ressourcenverbrauchs
  • Die Förderung von ressourcenschonenden Kreislauflösungen
  • Verstärkte Investitionen in Forschung und Entwicklung für ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen

Unsere Begründung lautet im Detail:

Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der hohe Verbrauch fossiler Brennstoffe wie Öl und Kohle macht unsere Erde zu einem Treibhaus. Bereits heute sind die Auswirkungen in vielen Regionen der Erde deutlich spürbar, gerade in Österreich mit seinem sensiblen alpinen Klima: Das Schmelzen der Gletscher, die Zunahme von Trockenheit und extremer Hitzetage oder das Fichtensterben sind sichtbare Folgen des Klimawandels, der auch hohe finanzielle Kosten mit sich bringt. In seinen regelmäßigen Berichten beschreibt der Weltklimarat IPCC eindringlich, wie die fortschreitende Freisetzung von Treibhausgasen unseren planetarischen Lebensraum bedroht. Über den jüngsten Bericht zeigte sich der französische Präsident Emanuel Macron „absolut geschockt“ und warnte, dass wir „im Moment den Kampf verlieren“ (Der Standard, 25.9.2019). Im September bezeichnete die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung die Klimakrise als „Menschheitsherausforderung“, bei der die Industrieländer vorn dabei sein müssten (Die Zeit, 11.9.2019).

Klimaschutz ist eine globale Herausforderung, die nur solidarisch bewältigt werden kann. Jedes Land, das sich aus der Verantwortung stiehlt, bringt den gesamten Konsens zum Wackeln. Folgende Zahlen zeigen, wie wichtig dieser Konsens ist: Zwar trägt Österreich nur 0,2 % zu den globalen Treibhausgasemissionen bei, aber es gibt weltweit nur 8 Länder, deren Beitrag mehr als 2 % ist. Umgekehrt verursachen 168 von 186 Staaten weniger als 1 % der Emissionen. Das heißt, fast alle können für sich behaupten, keinen Unterschied auszumachen. Anders gesagt: Es kommt auf alle an.

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 hat sich die internationale Gemeinschaft auf das Ziel geeinigt, die Erderwärmung auf ein beherrschbares Maß von deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, möglichst aber auf 1,5 Grad. Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 40 % gegenüber 1990 zu senken. Bis 2050 müssen sie um mindestens 80 % sinken. Tatsächlich verursachen wir in Österreich heute mehr Treibhausgase als im Schnitt der 1990er Jahre und gehören bei der Umsetzung der Reduktionsziele zu den EU-Schlusslichtern. Der Klimaforscher Prof. Dr. Gottfried Kirchengast vom Wegener Center für Klima und globalen Wandel kritisiert, dass in unserer Klimapolitik „wirksame politische Rahmenmaßnahmen schlicht fehlen“ und seit vielen Jahren „das Prinzip des Laissez-faire“ regiert (Kleine Zeitung, 21.7.2019).

Allein im Verkehr hat sich der Energiebedarf in den letzten 30 Jahren fast verdoppelt. In Summe legte der Energiebedarf um 47 % zu. Das kostet: Allein für den Verkehr fließen jedes Jahr 7,7 Milliarden Euro für Ölimporte aus Österreich ab, insgesamt sind es knapp 10 Milliarden. Teuer kommt dem Land auch das „Nichtstun“ im Klimaschutz durch internationale Strafzahlungen, die sich laut Umweltbundesamt bis 2030 auf knapp 8,5 Milliarden Euro summieren würden. Dazu kommen die klimaschädlichen Subventionen, die laut einer Studie des WIFO im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2013 ein Volumen von 3,8 bis 4,7 Milliarden Euro erreicht haben. Der Wirtschaftsforscher Karl Aiginger betont, dass allein das Ende „dieser falschen Subventionen Milliarden zur Senkung der Steuern auf Arbeit und als Starthilfe für neue Technologien bringen würden“ (Der Standard, 10.10.2019).

Wenn Österreich die Klimaziele ernst nimmt, bedeutet das eine fundamentale Abkehr von der fossilen Wirtschaft und benötigt grundlegende wirtschaftspolitische Richtungsentscheidungen. Dabei ist nicht die Frage, ob man Anreize oder verbindliche Maßnahmen wählt, es braucht beides, um marktwirtschaftliche Mechanismen darauf hinzulenken, die fossile Pfadabhängigkeit zu verlassen und den Sprung in eine postfossile Ökonomie zu schaffen.

Der Schlüssel dazu ist eine ökologische Steuerreform mit einem vorausschaubar steigenden CO2-Preis. Darüber gibt es nicht nur Konsens unter den heimischen Klimaschutzexperten, auch der Internationale Währungsfonds bezeichnet eine CO2-Bepreisung als „stärkste und effizienteste Strategie“, um die Erderwärmung einzudämmen (Der Standard, 18.10.2019). Eine CO2-Bepreisung ist ein marktwirtschaftliches Instrument. Der Staat schreibt nicht vor, wer wie viel sparen muss. Vielmehr geht es um Kostenwahrheit und Verursacherprinzip, die bewirken, dass künftig mehr und mehr Produkte und Dienstleistungen mit einem geringeren fossilen Fußabdruck produziert und angeboten werden.

Zwei Argumente werden immer wieder gegen einen Preis auf CO2-Emissionen ins Feld geführt. Zum einen würde es dadurch zur Abwanderung energieintensiver Unternehmen führen, z.B. der VOEST. Jedes seriöse Konzept für eine CO2-Bepreisung sieht jedoch für Unternehmen, die bereits dem europäischen Emissionshandel unterliegen, keine relevante zusätzliche Belastung vor. Eine CO2-Bepreisung zielt auf Emissionen ab, die außerhalb des Emissionshandels entstehen.

Zum anderen würde eine CO2-Bepreisung gerade die „kleinen Leute“ belasten. Jeder Reformvorschlag beinhaltet jedoch einen Klimabonus, der gerade finanzschwächere Haushalte unterstützt. Einem Modell des Budgetdienstes des Nationalrats zufolge würden Haushalte mit geringem Einkommen durch einen Klimabonus sogar mehr bekommen, während reichere mehr zahlen, weil ihr ökologischer Fußabdruck im Bereich Wohnen und Mobilität viel höher ist. Je weniger Emissionen jemand verursacht, desto positiver fällt die Ausgaben-Einnahmen-Rechnung aus. Ein Härtefallfonds könnte zusätzlich für sozialen Ausgleich sorgen. Eine kluge CO2-Bepreisung schafft so mehr soziale Gerechtigkeit als so manche Förderpolitik, durch die Geld oft bei Eigenheimbesitzerinnen oder Besserverdienern landet, die sich z.B. ein E-Auto, womöglich noch als Zweitwagen, leisten können. Gewarnt wird in der Umweltpolitik auch stets vor „Alleingängen“ auf Kosten der Wirtschaft. In Schweden gibt es eine CO2-Abgabe allerdings schon seit 1991. Heute beträgt sie 118 Euro pro Tonne, das Land ist weiterhin wirtschaftlich erfolgreich. In der Schweiz wurde 2008 eine CO2-Abgabe eingeführt, die aktuell bei 85 Euro pro Tonne CO2 liegt. Zum Ausgleich bekommen die BürgerInnen eine „Klimadividende“ auf pro-Kopf-Basis ausbezahlt.

Für Österreich hat das WIFO einen CO2-Preis von 120 Euro pro Tonne errechnet, damit die Emissionen um bis zu 7 % pro Jahr gesenkt werden können. Die Studienautorin betont allerdings, dass selbst diese Reduktion nicht ausreicht, um die mittel- und langfristigen Klimaziele zu erreichen. Kein Instrument allein ist also ein Erfolgsgarant. Vielmehr ist ein Maßnahmenmix im Bereich der Ordnungs- und Förderpolitik notwendig sowie Investitionen in attraktive Alternativen in der Energieversorgung, der Mobilität und auch in Bezug auf nachhaltige Lebensstile. Wer jedoch eine CO2-Bepreisung ablehnt, muss erst schlüssig darlegen, wie die Reduktionsziele erreicht werden können, zu denen Österreich verpflichtet ist.

Angela Merkel erklärte in ihrer Regierungsrede, dass eine CO2-Bepreisung ein Mechanismus ist, „der mit größter Wahrscheinlichkeit Forschung und Entwicklung dort stattfinden lässt, wo wir uns das als Politiker gar nicht vorstellen können“. Gleichermaßen stellt die Wirtschaftskammer fest, dass Umweltschutz heute eine wichtige Triebfeder für Innovationen ist, die unsere Wettbewerbsfähigkeiten auf den Märkten sichern. Diese Innovationen müssen wir mit der richtigen politischen Rahmensetzung vorantreiben und weniger über Belastungen, sondern mehr über Chancen sprechen. In den Worten von Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß, Geschäftsführerin von Fronius und im Präsidium der IV OÖ: „Es ist ein Problem, wenn man in der Energiewende nur Gefahren sieht. Dass z.B. alles teuer wird, dass die Auflagen höher werden etc. Das stimmt z.T., weil es in anderen Ländern keine Auflagen gibt. Man sollte aber die Chancen sehen. Es ist offensichtlich, dass wir etwas für die Energiewende machen müssen. Jetzt kann man sagen, ich will das Alte bewahren oder wir nützen die Chancen. Wir sollen Innovationsführer sein und einen Vorsprung gegenüber den anderen haben“ (Kurier, 21.7.2019).