Alexander Hartveld, Lingophant e.U.

INNOVATIVER ENTWICKLER & PRODUCT OWNER

Selbstständiger IT-Generalist mit Teilzeitjob. Alexander Hartveld lebt beruflich ist zwei Welten: Vier Tage pro Woche arbeitet er bei Hutchison Drei Austria und drei Tage an Lingophant e.U., seinem Sprachenlern-Start-Up.

Nach dem Aufbauen von RefugeesCode (jetzt New Austrian Coding School) als gemeinnützigen Verein, entwickelte Alexander eine App (iOS), mit der Muttersprachler*innen und Sprachlehrende um das Aufnehmen von Audioclips gebeten werden können. Diese Clips können als Karteikarten zum effektiven Üben verwendet werden. Die Android Version ist für August 2019 geplant.

 

Was hat dich inspiriert, ein Start-Up zu gründen?

Alexander Hartveld: Nach meinem Studium hatte ich die Wahl zwischen Praktikum, Vollzeitjob oder Master Studium. Bei einem Praktikum zahlt man effektiv, damit man wo arbeiten kann. Ein Vollzeitjob hätte wahrscheinlich 50+ Stunden bedeutet. Und gleich den Master nach dem Bachelor Studium zu machen, fand ich schade, weil Theorie hatte ich schon genug gelernt. Ich wollte endlich etwas machen und eine vierte Option haben.

Schon als Student war ich immer wieder auf Konferenzen, wo ich das Gefühl bekam, dass die echt spannenden Themen durch Start-Ups angegangen werden. Außerdem bin ich mehr ein Generalist als ein Spezialist. Und als Gründer muss man sehr interdisiziplinär arbeiten. Nach dem Studium hatte ich ca. 30.000 Euro – von einem Studentenkredit und meinem Ersparten am Konto – und dachte: »Wenn nicht jetzt, wann dann? Als Gründer lerne ich wahrscheinlich mehr, als wenn ich einen teuren Master in England mache.«

Jetzt sind vier Jahre vorbei, und ich stehe auf eigenen Beinen mit einem interessanten 30 Stunden-Job und spannenden Projekten am Wochenende.

Was waren die Schwierigkeiten beim Gründen?

Na ja, anfangs habe ich versucht, alles selber zu machen. Das geht aber nicht. Man steht die ganze Zeit unter Druck, da man weiß, wie viel man eigentlich erledigen sollte. Dann begannen wir mit Refugees Code, und im Team machte alles mehr Spaß. Zudem kann man unterschiedliche Kompetenzen nutzen. Nachdem RefugeesCode jetzt ohne mich weiterläuft, habe ich mich wieder auf meine App konzentriert und erstmal ein neues Team aufgebaut. Wir sind jetzt zu fünft und recht international aufgestellt.

Leider scheint es mir, dass man in Österreich ohne Investor oder reiche Eltern nicht sehr weit kommen kann. Zum Beispiel kostet eine GmbH wegen der SVA plus Steuern schon mal 4000 bis 6000 Euro im Jahr. Und das System ist undurchschaubar und komplex. Ich will doch einfach nur eine App bauen! Ich arbeite Tag und Nacht an einer Idee mit Potenzial, lebe von 1000 Euro im Monat, drehe jeden Euro dreimal um und dann muss man dem Steuerberater 360 Euro zahlen für eine einstündige »Audienz«.

Und trotzdem lebt man als Jungunternehmer dauernd mit der Angst, einen formellen Fehler zu machen. Oder etwas zu verpassen, weil man die ganzen Regulierungen nicht kennt. Prozesse wie die Umsatzsteuer-Meldung oder die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung sind ja eine Zumutung. Da braucht es innovative Lösungen!

Was ist das Spannende am »hybriden Unternehmertum«?

Nach drei Jahren Social Start-Up Erfahrung hatte ich irgendwie das Bedürfnis, ein großes agiles Unternehmen von innen zu sehen und mit »normalem« Budget und professionellen Menschen zusammenzuarbeiten. Jetzt bin ich Scrum – Product Owner in einem Data Warehouse Team und bin recht dankbar für die Erfahrung und das Einkommen. Große Unternehmen haben bereits ihre Wert(ab)schöpfungsmaschine am Laufen, und wenn man drei Millionen Kund*innen hat, dann haben kleine Verbesserungen trotzdem erhebliche finanzielle Auswirkungen. Und vor allem, muss man nicht alles neu erfinden.

Bei einem jungen IT-Start-Up ist man hingegen darauf angewiesen, erst mal ein Produkt zu bauen, welches die Menschen verwenden wollen. Bis zum ersten Kunden ist schnell ein Jahr Arbeit vorbei. Man wird vom Potenzial zur Skalierung und durch das Lösen von realen Problemen angetrieben. Denn sobald eine App läuft, machen 100 oder 10.000 extra Kund*innen keinen großen Unterschied bei den Kosten.

Mein Antrieb ist der Glaube, das effektivste Tool für Sprachlernende erfunden zu haben. Jetzt machen wir jede Woche einen Sprint, um daraus ein besseres Produkt zu entwickeln.
Diese beiden Welten – Selbstständigkeit UND Anstellung – direkt mitzuerleben und zwei Mal ganz einzutauchen, ist ausgesprochen spannend. Und alles andere wird dann eher langweilig.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Katharina Thum.

Links:

www.lingophant.com
fb.me/teamLingophant