Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Wie schon in den vergangenen Jahren erhöhten die Wirtschaftskammern 2021 erneut ihre Ausgaben für Werbeschaltungen! Gerade in Zeiten der Krise(n) ist es völlig unverständlich, warum die ÖVP-dominierten Kammern so großzügig mit den Geldern der Unternehmer:innen umgehen.

Denn eines darf nicht vergessen werden: Die Einnahmen die Wirtschaftskammer und damit das Geld, das für Inserate und Werbeschaltungen ausgegeben wird, stammt aus den Umlagen der Unternehmer:innen. Statt in schwierigen Zeiten die Mitgliedsbeiträge zu senken (etwa über eine Rückvergütung der Rücklagen) überbietet sich die Wirtschaftskammer Österreich bei den Ausgaben für Werbeschaltungen jedes Jahr selbst.

Steigende Ausgaben

In den Voranschlägen sowie den Rechnungsabschlüssen der Wirtschaftskammer findet sich die Position 76500 Schaltung von Werbeträgern. Auf Basis des Rechnungsabschlusses 2021 haben wir uns diese Ausgaben genauer angesehen und auch mit den vorangegangenen Jahren verglichen. Das Bild ist eindeutig: Die Ausgaben für Werbeschaltungen stiegen die letzten Jahre deutlich.

Besonders auffällig ist wiederholt die Bundeswirtschaftskammer. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sich die Kosten für den Bereich Schaltung von Werbeträgern um ca. 75 % – von rund € 3,3 Mio. auf über € 5,8 Mio. Noch deutlicher ist der Anstieg, wenn die tatsächlichen Ausgaben im Jahr 2021 mit den im Voranschlag budgetierten verglichen werden – der Voranschlag wurde um beinahe 100 % überschritten! Im Voranschlag für 2021 wurden rund € 2,9 Mio. veranschlagt, ausgegeben dann aber rund € 5,8 Mio.

WKÖ-Präsident Harald Mahrer wird damit einmal mehr seinem Ruf gerecht: Imagepolitur und oberflächliche PR sind ihm wichtiger, als die WK-Mitglieder zu entlasten.

Schaltungen Werbeträger WKÖ
Abbildung 1. Quelle: Rechnungsabschlüsse der Bundeswirtschaftskammer 2017-2021. Position 76500 Schaltung von Werbeträgern

Die Ausgaben aller Kammern gemeinsam stiegen im selben Zeitraum von € 12 Mio. (2017) auf über € 16 Mio. (2021). Der Anstieg von 2020 auf 2021 ist dabei besonders auffällig. In diesem Jahr stiegen die Ausgaben für Schaltungen von Werbeträgern um knapp € 2 Mio. oder 12,3 %.

Schaltungen Werbeträger alle Kammern
Abbildung 2. Quelle: Rechnungsabschlüsse der Bundeswirtschaftskammer und der Länderkammern 2017-2021 ohne Wirtschaftskammer Steiermark. Die Rechnungsabschlüsse und Voranschläge der WKST sind im Unterschied zu den anderen Kammern deutlich weniger detailliert und die Zahlen der Position 76500 nicht angeführt.

Inszenierung oder Interessensvertretung? Cui bono?​

Wir fragen uns immer wieder, was die WKÖ und Präsident Mahrer mit diesen horrenden Ausgaben bewirken wollen. Auffällig ist, dass viele Kampagnen mehr der Inszenierung, der Imagepolitur und der Eigen-PR dienen, als den Interessen der österreichischen Unternehmen.

Das zeigt sich z. B. anhand des Beispiels der WKÖ Kampagne #schaffenwir. Die Kammer inszeniert sich als Vorreiter:in in Sachen Klimaschutz und schmückt sich dabei mit fremden Federn, nämlich den Leistungen der vielen innovativen Unternehmen in Österreich, die ungeachtet der Retropolitik ihrer vermeintlichen Interessenvertretung zukunftsfähige Produkte entwickeln und Projekte umsetzen. Über diese Testimonials aus der österreichischen Wirtschaft, die im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu den Vorreiter:innen zählen, versucht sich die ÖVP-Kammerspitze als Trittbrettfahrer einen grünen Anstrich zu verleihen. Dabei beweisen zahlreiche Aussagen von Harald Mahrer, dass die politische Ausrichtung der WKÖ weiter im alten Denken verhaftet ist.

kurier.at, 06.10.2021

Es ist begrüßenswert, wenn den österreichischen Unternehmer:innen eine Plattform zur Präsentation ihrer Leistungen geboten wird. Es ist auch begrüßenswert, dass die Wirtschaftskammer erkennt, welches Innovations- und Transformationspotential in den österreichischen Unternehmen steckt.

Geradezu als Missbrauch muss es aber bezeichnet werden, wenn mit solchen Kampagnen und dem Geld der Mitglieder die eigene Bremser-Mentalität kaschiert und das Image der WKÖ aufpoliert werden soll, während im Hintergrund jede Weiterentwicklung torpediert wird.


Anhang I

Ein Detail am Rande: Alter Wein in neuen Schläuchen

In unseren Auswertungen der Rechnungsabschlüsse und Voranschläge der Wirtschaftskammern haben wir uns vor allem auf die Finanzposition 8.7 Büro-, Werbe-, Mitgliederbetreuungs- und Repräsentationsaufwand konzentriert. Immer wieder haben wir die hohen Ausgaben kritisiert. Wie hat die vom ÖVP-Wirtschaftsbund dominierte WKÖ darauf reagiert? Neben Zurückweisungen und Ausreden war der erste konkrete Schritt nicht, die PR-Ausgaben zu reduzieren, sondern einfach die Position in den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen in Mitgliederbetreuung, Kommunikation und Büroaufwand umzubenennen. Der Begriff Marketing wurde ganz einfach durch die harmloser klingenden Begriffe Mitgliederbetreuung und Kommunikation ersetzt. Ein schlecht gelungener Versuch, die eigene Selbstdarstellung und Inszenierung zu verschleiern.

Anhang II

Noch mehr Details

Wie in Abbildung 3 ersichtlich, steigen die Ausgaben für Schaltungen von Werbeträgern nicht in allen Bundesländern und über alle Jahre hinweg in gleichem Maße. Gerade zwischen den Jahren 2020 & 2021 fällt auf, dass zwar die Länderkammern ihre Ausgaben zum Teil reduziert haben, die Summe der Ausgaben durch die beträchtliche Steigerung der Bundeswirtschaftskammer trotzdem anwächst.

Werbeschaltkosten nach Bundesländern 2017-2021
Abbildung 3. Quelle: Rechnungsabschlüsse der Bundeswirtschaftskammer und der Länderkammern 2017-2021 ohne Wirtschaftskammer Steiermark. Die Rechnungsabschlüsse und Voranschläge der WKST sind im Vergleich zu den anderen Kammern deutlich weniger detailliert und die Zahlen der Position 76500 nicht angeführt.