Souverän selbstständig
Sich in Österreich selbstständig zu machen, erfordert viel Energie und Mut, denn: Die Komplexität bei Gewerberecht, Sozialversicherung und Steuersystem kann ganz schön einschüchtern.
Um dir deine Selbständigkeit etwas angenehmer zu gestalten, haben wir Steuerberater Dr. Rainer Fussenegger zum Interview gebeten.
In Teil 2 unserer Interviewreihe erfährst du von den häufigsten Fehlern, die ihm bei seiner Arbeit mit Unternehmer:innen unterkommen und erhältst auch gleich Tipps, wie du ihnen entgehen kannst!
Du hast Teil 1 verpasst? Hier geht es zur Nachlese!
Grüne Wirtschaft: Dr. Fussenegger, welche Tipps hätten Sie, um Fehler zu vermeiden, die selbst erfahrenen Unternehmer:innen noch häufig passieren?
Dr. Fussenegger: Also etwas, das mir wirklich häufig unterkommt, sind verdeckte Dienstverhältnisse.
Dabei arbeiten andere Selbständige auf Honorarbasis zu, die möglicherweise als Scheinselbstständige zu betrachten sind und es sich dann eigentlich um ein verdecktes Dienstverhältnis handelt. Das ist leider eine relativ komplizierte Materie, weil es sehr viele Kriterien gibt, anhand derer ein verdecktes Dienstverhältnis vorliegen könnte.
Ich habe da laufend Fälle, in denen zum Beispiel Selbstständige regelmäßig für einen Auftraggeber arbeiten, dabei aber immer den gleichen Betrag bekommen. Oder vielleicht ist man der einzige Auftraggeber. Ein weiteres Indiz wäre, wenn für die Erledigung der Aufgaben sogar Arbeitsmittel wie Laptop oder Handy zur Verfügung gestellt werden.
Das sind alles ganz starke Kriterien dafür, dass es sich eigentlich um ein Dienstverhältnis handelt. Wenn dann später – vielleicht sogar erst nach einigen Jahren – im Fall einer Prüfung durchs Finanzamt oder auch durch die Gesundheitskasse festgestellt wird, dass diese Person tatsächlich eigentlich ein:e Dienstnehmer:in ist und angemeldet hätte werden müssen, dann wird es teuer. Mein Tipp ist hier also ganz klar: bei mehrmals oder regelmäßig beauftragten externen, Dienstleister:innen abzuklären, ob Merkmale für ein verdecktes Dienstverhältnis vorliegen. Und daran anknüpfend auch ein weiterer Punkt:
Die Lohnverrechnung
Wenn es denn also dazu kommt, dass man erstmals jemanden Einstellen kann (oder muss), würde ich ganz, ganz dringend eine Auslagerung der Lohnverrechnung empfehlen. Ich habe teils sehr erfahrene Unternehmer:innen erlebt, die sehr viel alleine bearbeiten und verwalten. Bei der Lohnverrechnung hört der Spaß dann aber auf.
Man kann – außer man ist jetzt wirklich gerade selbst zufälligerweise Lohnverrechner:in, angestellte Mitarbeiter:innen nicht selber abrechnen. Das geht einfach nicht. Die Lohnverrechnung ist eine sehr komplexe Angelegenheit und man braucht auch Programme dafür. Hier also bitte unbedingt auslagern! Das geht einerseits über Steuerberater: innen, aber auch Lohnverrechner:innen.
Grüne Wirtschaft: Wo können sich Unternehmer:innen etwas ersparen oder absetzen?
Dr. Fussenegger: Da gab es tatsächlich erfreuliche Entwicklungen in den letzten Jahren. Zum Beispiel beim Dienstfahrrad oder auch der Absetzbarkeit des Arbeitszimmers.
Die meisten Unternehmer:innen fangen klein an und arbeiten meist von Zuhause aus. Wenn man aber kein extra abgegrenztes Arbeitszimmer hatte, das darüber hinaus noch ein paar weitere Kriterien erfüllen musste, konnte man den Arbeitsbereich nicht steuerlich absetzen. Das hat sich zum Glück geändert. Nun gibt es eine Arbeitsplatzpauschale. Die beträgt 100 Euro im Monat. Ist zwar nicht die Welt aber immerhin. Das sind 1.200 Euro pro Jahr, die man ohne weitere Nachweise für irgendwelche Kosten steuerlich absetzen kann.
Und wie erwähnt, gab es auch eine erfreuliche Entwicklung beim Dienstfahrrad.
Als Hintergrund: Als Arbeitgeber darf man nicht private Dinge finanzieren. Wenn zum Beispiel der Dienstgeber eine Wohnung finanziert – sprich: Die Miete übernimmt – dann muss das als Sachbezug versteuert werden.
Da wurde nun eine Ausnahme geschaffen. Alle CO₂-emissionsfreien Fortbewegungsmittel, also E-Auto, Fahrrad, E-Roller, E-Moped, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, dürfen nahezu unbegrenzt privat genützt werden. Man muss sie also nicht extra als Sachbezug versteuern. Das ist eine schöne Sache.
Zur Person:
MMag Dr. Rainer Fussenegger ist einer der beiden Geschäftsführer der in Wien ansässigen Kanzlei „Fussenegger und Partner“ und seit über 25 Jahren als Steuerberater tätig.
Wir bedanken uns für das Interview!